Ein Gastartikel von Annika Grunert

Viele kennen ihn vermutlich noch aus Kindheitstagen: den Tretroller. Heutzutage gibt es nicht nur elektrische Versionen, sondern auch welche für den Hundesport. Optisch betrachtet sind es sozusagen die großen Brüder der Kindertretroller – der Hund wird einfach vorgespannt und los geht es.

Fast – ganz so einfach ist es dann doch nicht: Denn es gibt manches zu berücksichtigen, bevor man mit seinem Hund Dogscootern kann.

Stephanie Etzrodt von „Der Hundling – Hannover“ verrät im Interview unter anderem, für wen Dogscootern geeignet ist, was man braucht und was es zu beachten gilt.

Sie selbst hat mit Carnicross angefangen und kam kurz darauf zum Dogscootern und Bikejöring. Der Sport hat sie so begeistert, dass sie sich als Zughundetrainerin ausbilden ließ und seit 2018 sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittene beim Zughundesport unterstützt.

Inhaltsverzeichnis:

Für wen ist Dogscootern geeignet?

Prinzipiell ist der Zughundesport etwas für mittelgroße bis große Hunde. Das Verhältnis zwischen Hund-Mensch-Team sollte passen, dann können auch etwas kleinere Hunde vor den Scooter gespannt werden. Der Mensch muss eine gute Grundlagenfitness mitbringen, weil er mit pedelieren (anschieben mit dem Fuß) muss, um den Hund zu unterstützen. Im Wettkampf-Bereich schaut man, dass der Hund 28 Kilogramm und aufwärts wiegt, weil Dogscootern der kraftvolle Bereich im Zughundesport ist. Im Hobbysportbereich ist eigentlich jeder Hund willkommen, wie beispielsweise auch der leichtere Labrador oder Australian Shepherd. Der Hund sollte Spaß daran haben, lauffreudig und natürlich gesund sein.

Also ist vorab ein Check in der Tierarztpraxis ratsam?

Das empfehle ich immer. Der Tierarzt sollte schon vor Sportbeginn den Hund anschauen. Wenn man mit jüngeren Hunden beginnen will, sollte man einmal klären, dass die Wachstumsfugen geschlossen sind. Ab 12 oder 13 Monate kann man den Hund meist vor den Dogscooter spannen. Davor kann man natürlich schon mit den Grundlagen anfangen.

Du hast das Mensch-Hund-Verhältnis angesprochen: Gibt es da einen groben Richtwert, an dem man sich orientieren kann?

Es gibt viele Formeln auf dem Markt. Ich richte mich danach, dass der Hund das Vierfache seines Körpergewichtes ziehen kann. Das heißt, wenn ich einen 20 Kilogramm schweren Hund habe, kann der bis zu 80 Kilogramm ziehen. In diesen 80 Kilogramm müssen dann natürlich der Mensch und die Ausrüstung, sprich auch der Scooter, berücksichtigt werden. Man muss aber auch schauen, wie gut der Hund schon trainiert ist. Die trainierten Schlittenhunde von langjährigen Mushern können teilweise das Achtfache ihres Körpergewichtes ziehen. Normale Haushunde aber nur das Vierfache.

Wie fängt man denn am besten mit dem Dogscootern an?

Am besten ist es, wenn man einen Trainer bei sich in der Nähe hat, denn Besitzende haben in der Regel noch nicht das Gefühl dafür, wie man den Hund darin am besten anleitet. Schließlich ist der Mensch ja auch neu in dem Sport. Ich vergleiche das immer mit der Berufsausbildung, da lernen wir auch alles gestückelt, also Step by Step. Ich fange bei meinen Trainings mit der Basis an: Der Hund lernt erst einmal ruhig stehenzubleiben, weil wir später Zeit brauchen, um vom Hund wieder zum Dogscooter zu gehen. Wenn der Hund dann vor und zurück läuft, sich vielleicht noch in der Leine verheddert, ist der Mensch gestresst und das überträgt sich auf den Hund. Deshalb ist bei mir immer die Basis, ruhig im Geschirr stehenzubleiben. Wenn der Vierbeiner das kann, kann man die ersten Zugübungen machen, in dem man ein paar Meter fährt. Für die Motivation kann man anfangs mit Hilfsmitteln arbeiten, wie eine Schüssel mit Leckerlis oder sein Lieblingsspielzeug, das man in 20 bis 30 Metern Entfernung hinlegt und dort hinfährt. Im Intervalltraining werden dann die Strecken langsam weiter ausgebaut.

Was braucht man fürs Dogscootern?

Sobald es an zwei Räder geht, gilt Helm-, Handschuh- und Brillenpflicht. Dann benötigt man natürlich einen Dogscooter: Als Einsteigermodelle empfehle ich gerne den Crussis oder das Kickbike. Der Hund braucht ein gut sitzendes Zuggeschirr. Da sollte man sich vom Fachmann beraten lassen, denn es gibt mittlerweile ganz viele Hersteller mit unterschiedlichen Modellen auf dem Markt. Ich vergleiche das immer mit dem Schuh des Menschen, wenn der nicht richtig sitzt, möchte man nicht gehen und so ist das mit dem Zuggeschirr beim Hund auch. Dann brauche ich noch eine Ruckdämpferleine: Für das Dogscootern sollte sie zwischen 2,70 und 2,90 Meter lang sein. Festes Schuhwerk ist gut und es empfiehlt sich Outdoorkleidung zu tragen.

Wie oft sollte man mit dem Dogscooter trainieren?

Das ist ein bisschen abhängig vom Trainingsstadium des Hundes. Am Anfang zwei- bis dreimal die Woche, also ein- bis zweimal Zugtraining und einmal Ausdauer. Bin ich ambitionierter und trainiere für Wettkämpfe, dann geht es auch öfter. Wir trainieren zum Beispiel fünf bis sechsmal pro Woche.

Worauf ist beim Dogscootern noch zu achten?

Wichtig sind ein Warm up und Cool down. Das wird von manchen unter den Tisch gekehrt, was traurig ist, weil wir unsere Hunde ja langfristig im Sport halten möchten. Damit ich langfristig Sport mit Hund treiben kann, muss ich meinem Vierbeiner eine gewisse Chance geben, sich auf das Training vorzubereiten. Es gibt ja auch keinen Sprinter, der von 0 auf 100 gleich los sprintet, der läuft sich  auch erst einmal warm. Dogscootern beansprucht stark die Muskulatur, deshalb ist es schon wichtig, dass wir unseren Hund aufwärmen.

Mein Warmmachen besteht darin, dass ich erst einmal zwei bis drei Minuten gehe, dabei können sich die Hunde auch lösen. Dann laufen wir uns ein bisschen warm: Also ganz locker im Trab entweder an lockerer Leine oder frei, je nachdem was möglich ist. Dann steigere ich das Tempo ein bisschen. Anschließend mache ich zwei, drei physiotherapeutische Übungen, um die Muskeln aufzuwärmen. Zum Beispiel lasse ich die Hunde Achten um meine Beine gehen, damit auch die seitlichen Muskeln aufgewärmt werden und die Wirbelsäule elastisch wird. Ich lasse mir die Pfote geben und kreise die Schulter etwas. Dann nehme ich die Hinterbeine nacheinander hoch und kreise die Hüfte leicht. Außerdem lasse ich die Hunde an mir oder einem Baum hoch hüpfen, damit sie sich einmal strecken können. Dann lasse ich sie auch nochmal rückwärtsgehen. Also den Körper einmal von vorne bis hinten aufwärmen. Es ist nichts wildes, aber ich sorge so auch dafür, dass die Atmung sowie der Puls des Hundes etwas hochfahren und die Muskulatur aktiviert wird. Außerdem dient das als Teambuilding-Maßnahme: Der Vierbeiner lernt, sich auf mich zu konzentrieren.

Das Ganze mache ich nach dem Training auch – als Cool down. Zuerst nehme ich aber dem Hund das Zuggeschirr ab, damit er weiß, das Training ist jetzt vorbei. Wir traben uns locker aus. So ungefähr eine Minute, bis wir ins Gehen kommen, dann hat er nochmal Zeit sich zu lösen. Wir gehen dann noch zwei bis drei Minuten spazieren. Dann mache ich wieder ein paar Physioübungen und schaue, ob alles heile geblieben ist. Wir laufen auch noch etwas spielerisch herum, aber alles ganz locker, weil ich den Körper ja nicht aktivieren will, sondern langsam entspannen.

Zu welcher Jahreszeit kann man Dogscootern?

Das Wetter ist wichtig, aber nicht nur die Temperatur. Man sagt bis 15 Grad kann man Zughundesport machen. Carnicross geht auch noch bei etwas wärmeren Temperaturen, aber Dogscootern nicht, weil dabei früher eine Überhitzungsgefahr besteht. Im Sommer sollte man also nicht scootern. Aber da kann ich natürlich meinen Hund auf die kommende Saison vorbereiten. Ich gönne meinen Hunden immer einen Monat komplett Pause, da wird nur Spazieren gegangen,  im Garten herumgehangen und Ähnliches. Dann fange ich mit dem Alternativtraining an. Also ich gehe viel schwimmen mit meinen Hunden, mache Physiotherapie mit Muskelaufbau und arbeite an den Kommandos. Zwischendurch ziehe ich den Hunden immer mal wieder das Zuggeschirr an und arbeite am Lineout, also der Startposition. Solche grundlegenden Dinge kann ich auch bei 20 Grad üben, aber kein Zugtraining. Außerdem sollte man die Luftfeuchtigkeit beachten. Wenn sie über 85 Prozent liegt, sollte der Hund nicht vor den Scooter gespannt werden.

Wie sollte der Untergrund fürs Dogscootern sein?

Am schönsten ist es natürlich, Asphalt zu vermeiden. Das ist bei uns schwierig, es gibt immer zwischendurch mal Asphalt. Waldboden oder Feld- und Wiesenwege eignen sich am besten. Die sind gut befahrbar und gelenkschonend, weil der Boden ein bisschen mitwippt. Ansonsten kommt es darauf an, was ich trainieren möchte. Möchte ich Krafttraining machen, dann bieten sich sandige Böden an, wie Reitwege, wo es vielleicht ein bisschen bergauf geht. Möchte ich jetzt nur Tempo oder Ausdauer trainieren, dann sollte man leicht befahrbare, ebene Wege wie Feld- und Wiesenwege nehmen, um eine gewisse Geschwindigkeit zu erreichen und diese zu halten. Schotter ist eigentlich auch kein Problem.Man vermutet oft, dass die Hunde bei Schotter gleich wunde Pfoten bekommen, aber die Pfoten gewöhnen sich schnell daran. Es ist eigentlich wie beim Menschen, wenn wir viel Barfuss laufen, bilden wir mehr Hornhaut und gewöhnen uns daran. So ist das beim Hund auch. Natürlich sollte man in den Pausen und nach den Fahrten immer die Pfoten kontrollieren.

Außerdem kommt es noch auf den Scooter an. Hat der eine Federgabel oder hat er keine? Bei Waldböden mit Wurzeln, die bergauf und bergab gehen, wären Dogscooter ohne Federgabel für den Menschen eher unentspannt. Auf Feld- und Wiesenwegen, wo es gerade über eine Ebene geht, sollte ich wenn möglich die Federgabel ausstellen: Denn da geht meine Kraft beim Pedelieren (Anschieben mit dem Fuß) in der Federgabel verloren. Also es ist abhängig davon, was ich trainieren möchte und was ich für einen Scooter habe.

Gibt es noch etwas, dass Du für Anfänger wichtig findest?

Wenn ich mit meinem Hund dogscootern möchte, dann sollte ich mich vorher mit dem Scooter vertraut machen. Das heißt, ich sollte auch mit dem Scooter ohne Hund im Zug fahren. Der Mensch bekommt so ein gutes Gefühl für den Scooter, für die Kurvenlage, wie es ist, wenn ich über eine Wurzel fahre, über eine Wiese, Matsch, Asphalt, Schotter. Das sind alles Sachen, die den Scooter beeinflussen und worauf mein Körper reagieren muss. Ich lerne dadurch auch, meine Angst vor dem Scooter in den Kurven und vor der Schnelligkeit zu verlieren. Außerdem kann ich ohne Hund die verschiedenen Fahrtechniken lernen. Jeder Mensch hat eine Schokoseite, das heißt, man pedeliert am liebsten mit rechts oder mit links. Auf die Dauer und Distanz gesehen, ist es aber nicht gut nur mit einer Seite zu pedelieren. Also ist es gut zu lernen, wie man einen Fußwechsel macht. Dafür gibt es verschiedene Varianten, z.B. mit dem rechten Fuß auf das Trittbrett und anschließend mit dem linken herunter oder aber den Wechsel zu springen. Das vorher einmal zu lernen, gibt dem Menschen ein sicheres Gefühl und so kann man sich dann später besser auf den Hund im Zug konzentrieren.


Vielen Dank an Stephanie Etzrodt für das spannende Gespräch!

Foto: © oben: Claudi Vandersee, im Text Nr. 1 Racepaw Picture, Nr. 2 KK- Dogfotos Karsten Kröger