Ein Gastartikel von Annika Grunert

Ein Hund braucht Bewegung, das steht außer Frage. Doch wie sieht es eigentlich aus, wenn mehr als ein Hund im Haushalt lebt? Müssen Herrchen und/oder Frauchen dann öfter oder länger Gassigehen? Geht es stets mit dem gesamten Rudel nach draußen oder auf den Hundeplatz oder doch lieber mit jedem Hund einzeln? Wir haben bei ein paar Mehrhundehaltenden nachgefragt: Vier Frauen, zwölf Hunde, drei Fragen und zwölf Antworten.

Inhaltsverzeichnis:

Franziska Schneider

Früher hatte sie Angst vor Hunden, heute kann sich Franziska Schneider ein Leben ohne Vierbeiner nicht mehr vorstellen. Als selbstständige Texterin hat sie das Glück, ihren Mischling und ihre Cane Corso Hündin fast immer bei sich zu haben. In ihrer Freizeit verbringt die 41-Jährige ebenfalls viel Zeit mit ihren Hunden: Eine ihrer Leidenschaften ist nämlich das Gassigehen. Ihre Hunde inspirierten Franziska Schneider auch dazu, einen Blog zu starten. Auf „Das Lieblingsrudel“ beschäftigt sie sich mit Themen wie Mehrhundehaltung, Hundegesundheit und Ernährung. Außerdem sind ihr ein achtsamer Umgang mit Hund sowie ein artgerechtes Leben wichtig, was sich ebenfalls auf den Seiten vom Lieblingsrudel zeigt.

Warum hast Du Dich für die Mehrhundehaltung entschieden?

Ich wollte schon immer mehr als einen Hund haben, aber es hat zeitlich oder finanziell nie gepasst. Außerdem wollte ich einen Vierbeiner aus dem Tierschutz und war der Überzeugung, dass der richtige Hund seinen Weg zu mir finden wird. Bevor wir uns für meine Cane Corso Hündin Püppi entschieden haben, wollte ich auch sicher gehen, dass unser Ersthund Murdoch "aus dem Gröbsten raus ist". Also, dass die Pubertät vorbei ist und ich einen relativ zuverlässig hörenden Ersthund habe, weil mir klar war, dass zumindest in der ersten Zeit die Integration des Zweithundes alle meine Energie benötigen würde. Das war auch eine gute Entscheidung, denn Murdoch konnte mir am Anfang viel helfen, um Püppi die Regeln und Routinen bei uns zu Hause klar zu machen. Ein Hauptgrund für die Entscheidung zur Mehrhundehaltung war für mich, dass ich die Kommunikation unter Hunden besser verstehen lernen wollte. Das ging nur mit einem zweiten Hund, der bei uns zu Hause wohnt. :)

Wie sieht Deine tägliche Gassiroutine mit mehreren Hunden aus?

Die meisten Runden gehen wir gemeinsam, aber circa zwei- bis dreimal pro Woche bin ich auch getrennt mit den Hunden unterwegs. Morgens und abends gehen wir cjrca 30 Minuten, nachmittags mindestens eine Stunde. Wenn das Wetter gut ist und ich Zeit habe, können aber auch schon mal drei Stunden draus werden. Sonntags ist bei uns immer Rudelzeit. Da fahren wir gern etwas weiter weg und erkunden neue Gebiete, unternehmen Ausflüge oder liegen im Sommer entspannt am See.

Bewegst Du Deine Hunde auch einzeln, wenn ja warum und wie?

Zwei- bis dreimal pro Woche gehe ich mit den Hunden auch einzeln raus. Ich finde das wichtig, weil ich damit Quality Time mit jedem einzeln habe. Außerdem sind Murdoch und Püppi ziemlich unterschiedlich. Murdoch mag Action und braucht körperliche Auslastung, wo er zeigen kann, was in ihm steckt. Da lasse ich ihn viel klettern (auf Baumstämmen usw.) oder fahre mit ihm Fahrrad. Püppi ist gemütlicher unterwegs, setzt dafür aber lieber ihre Nase ein. Mit ihr mache ich meist Suchspiele oder Nasenarbeit.

Johanna Lohr

 

Sechs Hunde, ein Mann und ein vier Monate alter Sohn: Bei Johanna Lohr wird es mit Sicherheit nicht langweilig. Sie wohnt im ländlichen Hessen und arbeitete drei Jahre als Hundetrainerin sowie Hundephysiotherapeutin. Ihren Beruf hat sie gewechselt und studiert nun unter anderem Deutsch auf Lehramt. Die Liebe zu den Vierbeinern hat sich hingegen nicht geändert: Am liebsten rennt die 28-Jährige mit ihren Hunden durch den Agility-Parcours. Nasenarbeit ist aber auch eine gern gesehene Beschäftigung. Und wenn das Team nicht mit der Verlorensuche, Mantrailing oder auf dem Hundeplatz beschäftigt ist, hüpfen sie beispielsweise auch mal beim Spaziergang auf Baumstämmen herum.

Warum hast Du Dich für die Mehrhundehaltung entschieden?

Tatsächlich war die Entscheidung zur Mehrhundehaltung bzw. zu mehr als zwei Hunden gar nicht so bewusst oder absichtlich. Mein allererster Hund, der heute geschätzt 13 Jahre alt ist, war zunächst sehr unverträglich mit anderen Hunden. Ich hab dann relativ schnell gesagt, dass ein zweiter Hund einziehen soll, wenn Jack sich irgendwann mit Hunden versteht. Als dann die ersten Hundefreundschaften entstanden sind und seine Problematik immer besser zu händeln war, haben wir irgendwann Ronja kennengelernt und die beiden haben sich super verstanden. Ronja zog daraufhin bei uns ein, weil ihre damaligen Besitzer ihr nicht mehr gerecht werden konnten. Die anderen Hunde waren dann tatsächlich relativ spontane oder Herzensentscheidungen. Entweder haben mir die Eltern der Hunde sehr gut gefallen und ich konnte an dem Wurf "nicht vorbei" oder ein Welpe selbst hatte es mir angetan. So kam es dann zu mittlerweile sechs Hunden, der älteste etwa 13 und der jüngste 3 Jahre alt. Ronja lebt leider seit 2014 nicht mehr, ansonsten hat sich aber in der Konstellation nichts geändert.

Wie sieht Deine tägliche Gassiroutine mit mehreren Hunden aus?

Da ich manche Hunde habe, die eher dazu neigen bei zu viel Aktivität zu überdrehen, war es mir von Anfang an sehr wichtig, dass die Hunde, besonders im ersten Lebensjahr lernen, Ruhe zu halten. Besonders wichtig ist mir das auch, wenn ich selbst aus gesundheitlichen Gründen verhindert bin oder es einfach zwischendurch sehr stressig ist. Das kennt sicher jeder. Ich hatte bereits zwei Phasen (einen Unfall und eine nicht ganz so einfache Schwangerschaft), in denen die Hunde mehrere Monate sehr zurückstecken mussten, weil ich körperlich nicht konnte. An normalen Tagen machen wir daher in der Regel einen großen Spaziergang, der meistens mindestens eine Stunde dauert. Nach oben hin kann die Dauer da sehr variieren, sodass wir auch schonmal mehrere Stunden unterwegs sind. Auch bin ich nicht festgelegt, wie weit unsere Spaziergänge sind. Wir können in einer Stunde fünf oder drei Kilometer laufen. Manchmal auch noch weniger. Dafür bauen wir dann verschiedene Beschäftigungen ein, wie Suchspiele, Koordinationstraining und dergleichen. Das ist aber alles sehr spontan und kommt auf Lust, Laune und Zeit an. Daher haben wir eher weniger eine richtige Routine. Gänge nur zum Lösen sind ganz kurz oder in den Garten. Wenn das Wetter es zulässt, sind die Hunde auch quasi ganztags draußen oder haben zumindest die Möglichkeit dazu. Meistens gehe ich mit vier Hunden gleichzeitig. Der alte Hund hat leider seit einiger Zeit große Probleme im Bewegungsapparat, sodass er mit in den Garten Tapern schon ausgelastet ist. Mein Mudi geht ebenfalls nicht jeden Tag groß spazieren, da er sonst dazu neigt zu überdrehen. Da muss ich zum Schutz der anderen Hunde und um seinen Stresslevel möglichst niedrig zu halten, drauf achten.

Langfristig fände ich eine Gruppe von vier Hunden wahrscheinlich am besten und einfachsten mit dem Alltag zu vereinbaren. Ein Leben mit nur zwei oder einem Hund möchte ich mir aber eigentlich nicht mehr vorstellen.

Bewegst Du Deine Hunde auch einzeln, wenn ja warum und wie?

Ich gehe öfter mal gesondert mit den beiden jüngsten Hunden. Oder auch mal nur mit einem, wenn ich gezielt etwas trainieren oder machen möchte. Auch mein Mudi bekommt öfter Einzelspaziergänge, da das mit ihm leichter ist und er so besser zu händeln ist. Meistens bin ich aber mindestens mit zwei Hunden unterwegs.

Franziska Ullmann

Heimatverbunden, kontaktfreudig und gerne in der Welt unterwegs. Franziska Ullmann lebt im ländlichen Niedersachsen, frönt nebenberuflich der Hundefotografie und hat mit ihrer spanischen Hündin Rosa bereits einige Abenteuer erlebt: sei es beim Wandern, Dogtrekking, Zughundesport oder auf Reisen. Unverhofft zog dann in diesem Jahr die Spanierin Kala bei dem Dreamteam ein und hat das Leben etwas auf den Kopf gestellt. Vor allem auf ihrer Facebookseite „La Piba Rosa und das Kala-Impala“ berichtet die 33-Jährige aus ihrem Alltag mit Hund und nimmt die Leute unter anderem mit auf Stempeljagd durch den Harz oder auf Roadtrips durch das Baltikum.

Warum hast Du Dich für die Mehrhundehaltung entschieden?

Lange Zeit stand für mich fest, dass meine erste Hündin, Rosa, „Einzelprinzessin“ bleiben soll, wie man so schön sagt. Obwohl sie mit den meisten anderen Hunden gut auskommt, schien vor allem ich auf ihrer Prioritätenliste ganz oben zu stehen, Artgenossen waren eher zweitranig. Zusammen mit meinem Freund nahm ich dann aber einen Hund, Kala, als Pflegestelle auf und nach reifer Überlegung und viel Abwägung entschieden wir uns dazu, sie zu behalten. Kala hatte sich in unser Herz geschlichen und da es räumlich, zeitlich und finanziell passte, behielten wir sie.

Wie sieht Deine tägliche Gassiroutine mit mehreren Hunden aus?

Werktags bin ich diejenige, die für die Hunderunden zuständig ist. Ich gehe morgens mit jedem Hund einzeln etwa 20 Minuten. Am Nachmittag gehe ich die zweite Runde, ebenfalls einzeln. Diese dauert etwa 45 Minuten pro Hund. Wenn es sich einrichten lässt, gehen mein Freund und ich abends mit den Hunden gemeinsam los und sind dann etwa 30-45 Minuten unterwegs.

Bewegst Du Deine Hunde auch einzeln, wenn ja warum und wie?

Momentan folgen wir einem strikten „Trainingsplan“, wenn man es so nennen möchte. Wir leben nach einem bestimmten Konzept und möchten unseren Hunden in allen Situationen unser konstantes Verhalten zeigen. Das funktioniert momentan am besten, wenn wir einzeln mit ihnen gehen. So können wir uns besser auf den jeweiligen Hund konzentrieren. Wir laufen derzeit ausschließlich an der kurzen Leine, werden aber demnächst in den Freilauf wechseln. Außerhalb der „Gassirunden“ verbringen wir gerne Zeit zusammen im Garten.

Maike Pecksen

Maike Pecksen ist im Rheinland zu Haus und arbeitet in der Filmbranche. Die 37-Jährige liebt Hunde, gutes Essen und die Natur. Egal ob im Büro oder unterwegs: sie wird meistens von ihren beiden Vierbeinern begleitet. Paco und Fina sind wahrscheinlich eine Mischung aus Podenco und Terrier: Ihre Jagdleidenschaft und Reizempfindlichkeit unterstreichen das. In ihrer Freizeit bloggt Maike Pecksen mit Leidenschaft. Auf „HundSinn – nachhaltiges Leben mit Hund“ widmet sie sich Themen wie Klimaschutz, Ernährung und einem achtsamen Miteinander mit Hund. Aber sie setzt sich auch mit wichtigen gesellschaftlichen Fragen auseinander.

Warum hast Du Dich für die Mehrhundehaltung entschieden?

Das mit der Mehrhundehaltung war bei mir nie so richtig geplant gewesen, das haben eigentlich meine beiden Hunde für mich entschieden.

Fina kam als Welpe zu meiner damals ca. 13-jährigen Hündin dazu. Sie sollte sie nach einer gemeinsamen Übergangszeit nur beerben und später wieder Einzelhund sein. Doch dann zog nach einer Weile recht spontan auch noch Finas Wurfbruder Paco bei uns ein, weil er nicht mehr länger in der Familie bleiben konnte, in der er aufgewachsen war. Ich kannte ihn schon von klein auf, er gehörte quasi zu unserer (Hunde-)Familie und brauchte dringend Hilfe, also nahmen wir ihn auf. Und es war ziemlich schnell klar, dass er nicht nur vorübergehend bleiben sollte, sondern für immer: die spanischen Zwillinge ergänzen sich einfach so perfekt, dass es eine Schande gewesen wäre, sie wieder zu trennen.

Für die beiden ist es genau richtig und wichtig, dass sie zusammenleben können – und ich bin somit quasi meinen Hunden zuliebe zur Mehrhundehaltung übergegangen…

Wie sieht Deine tägliche Gassiroutine mit mehreren Hunden aus?

Unsere Gassiroutine unterscheidet sich nicht sonderlich von der, die ich mit nur einem Hund hätte. Ganz klarer Vorteil bei uns ist aber natürlich auch, dass Fina und Paco im gleichen Alter sind und somit auch die gleichen Ansprüche an unsere Spaziergänge haben. Da muss auf niemanden besondere Rücksicht genommen werden, wie das bei einem größeren Altersunterschied oder bei gesundheitlichen Beschwerden der Fall wäre.

Da die beiden mit zur Arbeit gehen, wenn ich in einem Projekt stecke, müssen sich unsere Gassirunden in solchen Phasen dem Alltagsrhythmus unterordnen, den der Job vorgibt. Das bedeutet auch, dass dann manchmal weniger Zeit für Spaziergänge bleibt, als ich mir wünschen würde. Morgens und abends drehen wir zu Dritt jeweils etwa eine halbe Stunde lang unsere Runden durchs Dorf und tagsüber gehen wir auch nur mehrmals kurz spazieren, um das Nötigste zu erledigen.

Nach eher stressigen Arbeitstagen sind die beiden durchaus auch einmal damit zufrieden, wenn sie sich abends nach der Arbeit nur noch eine halbe Stunde lang tobend im Garten auspowern oder nach Mäusen buddeln können, bevor sie todmüde auf die Couch fallen, um die vielen Reize des Tages zu verarbeiten.

Was durch die Arbeit zu kurz kommt, holen wir dann an den Wochenenden oder in unseren arbeitsfreien Phasen in Form von ausgedehnteren gemeinsamen Streifzügen durch Wälder und Felder wieder nach.

Bewegst Du Deine Hunde auch einzeln, wenn ja warum und wie?

Ich finde es toll, auch einmal mit jedem meiner Hunde Zeit ganz alleine verbringen zu können. Ab und zu schnappe ich mir daher nur einen von beiden für einen Spaziergang über die Felder vor unserer Haustür. Der bzw. die andere darf die Zeit dann für ein Alleinbleibetraining zu Hause nutzen…

Dabei steht allerdings nicht so sehr die Bewegung des einzelnen Hundes im Vordergrund, sondern die Beziehungspflege. Vor allem Paco genießt die Zeit mit mir alleine sehr, er ist dann deutlich besser auf mich konzentriert und arbeitet begeistert mit. Bei Fina zeigt sich das nicht ganz so stark. Sie hat eben einfach mehr Podenco-Anteil in sich als ihr Bruder und interessiert sich draußen in der Regel mehr für Mäuse und anderes Getier als für meine Gesellschaft. Aber auch sie ist alleine besser ansprechbar und arbeitet konzentrierter mit – zumindest, solange am Ende eine Belohnung in Form eines fliegenden Leckerchens winkt, das sie jagen kann.

Foto: © oben: Christian Mller - Adobestock; im Text Nr. 1 Wolfgang Scheider; Nr. 2 Johanna Loor; Nr. 3 La Piba Rosa Hundefotografie; Nr. 4 Maike Pecksen