Dass Hunde Menschen in Not helfen, ist eine ihrer herausragendsten Fähigkeiten. Doch wie sie helfen ist sehr unterschiedlich und hängt auch damit zusammen, wie und für was sie ausgebildet sind. Aufgrund der verschiedenen Bezeichnungen – auch aus dem englischsprachigen Bereich – ist es nicht ganz einfach, den Überblick über die verschiedenen Typen der vierbeinigen Helfer zu behalten.

Daher haben wir uns die einzelnen Profile einmal genau angeschaut.

Inhaltsverzeichnis:

Der Assistenzhund

Assistenzhunde sind Vierbeiner, die speziell ausgebildet worden sind, um „ihren“ Menschen im Alltag zu unterstützen. Um als Assistenzhund offiziell anerkannt zu werden, muss ein Hund laut dem Deutschen Assistenzhundezentrum mindestens drei Aufgaben zur Hilfeleistung für Menschen mit einer Behinderung übernehmen können und darüber hinaus hohe Standards in der Erziehung erfüllen. Diese sind wichtig, denn anerkannte Assistenzhunde haben nicht nur besondere Fähigkeiten, sondern auch besondere Rechte: Sie dürfen zum Beispiel mit an Bord eines Flugzeugs oder mit in eine Arztpraxis kommen. Diese besonderen Rechte sind seit Mai 2021 auch im Assistenzhundegesetz verankert.

Welche Arten von Assistenzhunden gibt es?

Ein sehr bekanntes und wahrscheinlich vielen vertrautes Beispiel für einen Assistenzhund ist der Blindenführhund, der seinen Menschen zuverlässig durch die Umgebung navigiert, auf Gefahren achtet und ihn mittels akustischer Signale auf Dinge hinweisen kann. Die Bandbreite der Assistenzhundetypen wächst: Inzwischen gibt es unter anderem spezielle Assistenzhunde für Menschen mit Diabetes, Epilepsie, Mobilitätseinschränkungen oder reduziertem Hörvermögen sowie zur Unterstützung bei verschiedenen Formen von psychischen oder psychiatrischen Erkrankungen.

Im Fokus: Assistenzhunde für Menschen mit psychischen Krankheiten

Grundsätzlich ist die Unterstützung eines psychisch oder psychiatrisch erkrankten Menschen durch einen Assistenzhund etwas, das in Deutschland erst nach und nach bekannter wird. Bisher am stärksten vertreten sind so genannte PTBS-Assistenzhunde, also Vierbeiner, die Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung zur Seite stehen. In den USA hingegen ist der „service dog“ für psychisch Erkrankte eine etablierte und verbreitete Hilfe und es gibt relativ viele Stiftungen, die helfen, die teuren Anschaffungskosten zu tragen. Dies ist eine Form der Unterstützung, die auch in Deutschland wichtig ist, denn außer für Blindenführhunde werden von den gesetzlichen Krankenkassen bisher keine Kosten für Assistenzhunde übernommen, obwohl diese sich aufgrund ihrer speziellen, bis zu zweijährigen Ausbildung auf etwa 10.000 Euro belaufen können. Dabei lohnt sich die Hilfe des Vierbeiners: Studien zeigen, dass Assistenzhunde eine deutliche Verbesserung des mentalen Zustands von Erkrankten bewirken können.

Wie helfen Hunde Menschen mit psychischen Erkrankungen?

Es kommt sehr auf die Art der Erkrankung an: Sind zum Beispiel Panikattacken ein massives Problem, kann der Hund darauf trainiert werden, diese frühzeitig zu erkennen und mit verschiedenen Maßnahmen zu begleiten. Er kann zum Beispiel Hilfe holen, seinen Menschen aus der Situation (etwa einer großen Menschenmenge) begleiten oder für ihn körperlich da sein und so eine Verbindung zur Realität schaffen. Bei anderen Krankheitsbildern, wie etwa einer Zwangserkrankung, kann der Hund lernen, Zwangsrituale und -handlungen zu unterbrechen und so die Umsetzung verhaltenstherapeutischer Ansätze zu erleichtern.

Der Unterschied zwischen Assistenz- und Therapiehunden

Im Bereich der psychischen und psychiatrischen Krankheiten kommt es häufig zu Verwechslungen, denn speziell ausgebildete Hunde für Menschen in psychotherapeutischer Behandlung sind ebenfalls Assistenz- und nicht Therapiehunde.

Der Therapiehund

Ein Therapiehund ist oft an der Seite von ausgebildeten Therapeutinnen und Therapeuten und begleitet diese bei ihrer Arbeit. Auch in Heimen für Menschen mit Behinderung oder für Seniorinnen und Senioren ist er ein gern gesehener Besuch, genauso wie als Schulbegleithund.

Wie werden Therapiehunde ausgebildet?

Auch Therapiehunde werden ausgebildet, jedoch sind die Voraussetzungen etwas anders als für Assistenzhunde. Therapiehunde werden immer als Teil eines Teams eingesetzt, daher absolviert auch der Mensch eine Prüfung. Zusätzliches Training findet im zukünftigen Wirkungsfeld des Therapiehundes statt, also beispielsweise in einem Altenheim. Grundgehorsam ist die Basis für die erfolgreiche Zusammenarbeit und daher müssen Hunde vorab die Begleit- und Verkehrshunde-Prüfung abgelegt haben. Trotz dieser umfangreichen Prüfungen und Ausbildung erhalten sie als anerkannter Therapiehund keine Sonderrechte wie Assistenzhunde.

Wo können Therapiehunde auch eingesetzt werden?

Das Einsatzgebiet für Therapiehunde ist sehr groß: Im Prinzip kommen alle Bereiche des Lebens in Frage, in denen Menschen emotionale Unterstützung gebrauchen können. In vielen Therapiepraxen gehört ein Therapiehund zum Konzept, aber auch in der Zusammenarbeit mit Seelsorgern oder bei der Beratung von Erwachsenen und Kindern in Not können Therapiehunde einen wertvollen Beitrag leisten.

Einen spannenden Einblick in die Arbeit von Therapiehunden gibt Ines Pawlitzki, erste Vorsitzende des Deutschen Berufsverbandes für Therapie- und Behindertenbegleithunde e.V. in einem Interview, welches wir mit ihr geführt haben.

Was ist bei der Versicherung von Assistenz- und Therapiehunden zu beachten?

In vielen Bundesländern ist sie bereits Pflicht: Die Hundehaftpflichtversicherung. Und auch ein Tierkrankenschutz oder eine OP-Versicherung ist für Assistenz- und Therapiehunde sinnvoll, denn wenn der Hund eine unerlässliche Stütze des eigenen Alltags ist, ist es wichtig, dass er optimal versorgt wird.

Bei der Haftpflichtversicherung ist zu beachten, dass der Deckungsumfang für Schul-, Blinden- und Begegnungshunde sich bei AGILA je nach dem gewählten Haftpflichtprodukt unterscheidet. Im Haftpflichtschutz und Haftpflichtschutz Exklusiv (ab AHKV 06/2015) sind die Einsätze des Vierbeiners als Begegnungs-, Blinden-, Jagd- und Schulhund abgesichert. Es gelten die im Vertrag zugrunde liegenden Vertragsbedingungen. Unbedingt beachten werden muss, dass der Versicherungsschutz nur besteht, wenn der Hund ehrenamtlich bzw. unentgeltlich eingesetzt wird, denn gewerbliche Einsätze sind generell ausgeschlossen.

Der eigene Hund als Unterstützung bei psychischen Problemen

Nicht für jeden kommt die Zusammenarbeit mit einem ausgebildeten Assistenz- oder Therapiehund in Frage, insbesondere da dies eben mit hohen Kosten für die Ausbildung verbunden ist. Aber steckt nicht sowieso in jedem Hund ein treuer Freund und Helfer?

Die Erfahrung sagt eindeutig ja! Denn viele Hundehaltende berichten davon, wie sehr ihr Vierbeiner ihren Alltag bereichert und ihnen mit seiner puren Anwesenheit durch so manch schwere Zeit geholfen hat. Die meisten Tiere sind sehr empathisch und spüren mit ihren feinen Antennen, wann es ihrem Menschen nicht gut geht. Häufig merken sie dies sogar, bevor wir selbst unseren Kummer überhaupt in Worte fassen können.

Interview mit Andreas Humbert

Von einem tollen Beispiel dafür, wie der eigene Hund eine emotionale Unterstützung bieten kann, berichtet der Blogger Andreas Humbert im folgenden Interview.

Zur Person

Andreas Humbert ist Gründer des Blogs „Mein Weg aus der Angst“. Dort berichtet er, was ihm im Umgang mit seiner psychischen Erkrankung geholfen hat und klärt über Diagnosen, Therapien und andere Hilfen für Menschen mit Angststörungen auf. Nach vielen Jahren in der IT-Branche machte sich der Informatiker 2018 im Bereich Onlinemarketing selbstständig. Mit seiner Frau, seiner Tochter und ihrem Hund lebt Andreas Humbert in der Nähe von Ludwigshafen.

Interview

Herr Humbert, Sie haben lange mit der Anschaffung eines Hundes geliebäugelt. Wann ist die Entscheidung gefallen und für welchen Vierbeiner haben Sie sich entschieden?

Wir – meine Eltern, mein Bruder und ich – haben unseren ersten Hund bekommen, als ich 16 Jahre alt war. Schon damals reifte der Gedanke, dass ich später auch mal einen eigenen Hund haben möchte. Doch nach dem Abitur war ich im Studium und danach hatte ich einen Job mit Reisetätigkeit, sodass klar war, dass ein Hund zu dem damaligen Zeitpunkt keine Option ist.

Im Rahmen meiner Erkrankung habe ich jedoch auch meinen Job gewechselt. Ich bin jetzt selbstständig und arbeite von zu Hause aus. Meine Tochter war auch nicht mehr so klein, sodass wir uns vor vier Jahren dazu entschieden haben, einen Hund zu holen.

Es sollte ein richtiger Familienhund werden, weswegen wir uns für einen Havaneser entschieden haben. Gar nicht weit von uns gibt es eine Züchterin und als diese wieder Welpen hatte, war die Entscheidung nach dem ersten Besuch auch schon gefallen. Lucky hat sich schnell bei uns eingelebt.

Vor allem nach dem Beginn Ihrer Selbstständigkeit haben Sie festgestellt, dass die Gesellschaft Ihres Hundes Ihnen gut tut. Warum war das so?

Da ich durch meine Selbstständigkeit von zu Hause aus arbeite, habe ich in meinem Beruf wenig direkten persönlichen Kontakt mit Menschen. Alles geht über Mail oder Chat, seltener auch mal per Telefon. Da bin ich froh, dass ich nicht ganz alleine bin, insbesondere vormittags, wenn meine Frau auf der Arbeit und meine Tochter in der Schule ist.

Sicherlich kann ein Hund menschlichen Kontakt nicht 1 zu 1 ersetzen, doch manchmal hat das sogar Vorteile. Gerade in den Phasen, in denen es mir schlecht geht, neige ich dazu, mich zurückzuziehen oder morgens auch mal im Bett liegen zu bleiben. In solchen Phasen möchte ich manchmal auch gar keinen menschlichen Kontakt, die Anwesenheit von Lucky dagegen stört mich interessanterweise gar nicht, sondern tut mir im Gegenteil sogar sehr gut. Wenn ich im Bett liege, legt er sich meist so dazu, dass sein Körper meine Beine berührt. Und diesen unaufdringlichen Kontakt finde ich sehr angenehm. Es fällt mir auch leichter, Pausen von der Arbeit zu machen um eine Runde mit ihm zu spielen oder Gassi zu gehen.

Sie gehen sehr offen mit Ihrer psychischen Erkrankung um und helfen damit vielen Menschen, sich ebenfalls zu öffnen. Können Sie kurz beschreiben, wie sich Ihre Angststörung auf Ihren Alltag ausgewirkt hat?

Die Ängste bezogen sich bei mir vor allem auf/um meinen Körper und Gesundheit. Die Angst, etwas Schlimmes zu haben oder auch die Ängste und die Sorgen darum, nicht mehr gesund zu werden. Die Tendenz zum Rückzug hat auch phasenweise dazu geführt, dass ich gesellschaftliche Situationen mit vielen Menschen vermied. Sehr starke Einschränkungen wie zum Beispiel Angst vor dem Autofahren waren bei mir glücklicherweise nicht so stark ausgeprägt.

Wie konnte Ihnen Ihr Hund im Alltag helfen?

Mein Hund hilft mir insofern, dass er immer für mich da ist. Ich habe hier auch nicht das Gefühl, dass ich mich irgendwie verstellen müsste oder eine Rolle zu erfüllen habe. Mit ihm kann ich einfach unbeschwert so sein, wie ich bin.

Was meinen Sie: Warum fällt es vielen Menschen leichter, sich gegenüber einem Tier zu öffnen und vertrauen zu ihm zu fassen?

Ich kann mir vorstellen, dass es damit zusammenhängt, dass wir Menschen eine gewisse Vorstellung davon haben, wie wir zu sein haben und was die gesellschaftliche Norm von uns erwartet. Und dass uns genau das daran hindern kann, so zu sein, wie wir eigentlich sind bzw. sein möchten. Im Kontakt mit Tieren, so denke ich, können wir diese Last bzw. Verpflichtung leichter ablegen. Zumindest können uns Tiere dabei helfen, weil der Kontakt mit ihnen in gewisser Weise „echter“ sein kann.


Wir danken Andreas Humbert für den Einblick in seinen Alltag mit Hund!

Lesen Sie hier seinen ausführlichen Bericht darüber, warum Hunde unserer Psyche so gut tun: https://www.meinwegausderangst.de/unser-bester-freund-warum-uns-hunde-so-gut-tun/ 

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