Wir Tierschutzhunde haben nach der Aufnahme in einer neuen Familie häufig Probleme mit dem Fressen. In einer komplett neuen Umgebung angekommen, ist es oftmals das Letzte, woran wir denken. Auch ich habe mich damals sehr unsicher in meiner neuen Heimat gefühlt und auch das Futter selbst war ein ganz anderes als jenes, das ich aus dem Tierheim in Rumänien kannte. Heute möchte ich Euch von meiner Geschichte "mit dem Futter" berichten und so vielleicht einigen neuen Tierschutz-Hundebesitzern etwas Hoffnung machen und zeigen: Futterverweigerung ist unter uns Tierschutzhunden zu Beginn ganz normal.

In Deutschland angekommen

Das Erste, das mir in den Sinn kommt, wenn ich an meine Ankunft in Deutschland denke? Ganz klar: Fleischwurst!

Natürlich war die Reise aus meiner Heimat Rumänien in erster Linie sehr anstrengend, aufregend und sogar angsteinflößend. Immerhin wusste ich nicht, was mit mir geschieht. Aber der erste Glücksmoment in meiner neuen Heimat ist der Augenblick, als ich von den Armen meines neuen Papas auf den Schoß meiner neuen Mama gesetzt und haufenweise mit Fleischwurst gefüttert wurde. Auch wenn ich noch am ganzen Körper zitterte, wusste ich doch, dass diese zwei Menschen gut zu mir sein würden und kam langsam zur Ruhe.

Die erste Nacht im neuen Zuhause

In meinem neuen Reich angekommen, habe ich als erstes den Treppen-Hochträger (Herrchen) und die Fleischwurst-Spenderin (Frauchen) genauer unter die Lupe genommen. Ich spürte deutlich, dass sie sehr aufgeregt und auch erfreut waren. Scheinbar waren sie von der ersten Sekunde an direkt verliebt in mich. Bei jedem Schütteln und Hinlegen oder auch nur, wenn ich mich streicheln ließ, quiekten und lächelten sie vor Freude. Mir war also sofort klar: Diese beiden lassen sich wirklich leicht beeindrucken. Gut für mich.

Schnell hatte ich den Bogen raus: Ein treuer Blick hier, ein Schmuser da und die Fleischwurst war mein. Kurz inspizierte ich meine neuen vier Wände. Von der knapp zweitägigen Reise völlig erschöpft, machte ich es mir jedoch schnell auf dem Fliesenboden im Flur bequem. Ich bemerkte noch den besorgten Blick des Treppen-Hochträgers und der Fleischwurst-Spenderin: Aus einem mir unerklärlichen Grund deuteten sie ständig auf ein riesiges Bettchen, das neben mir lag. „Ob die sich jetzt da rein legen?“, dachte ich noch als ich sanft ins Land der Träume sank.

Fleischwurst über alles

Am nächsten Morgen knurrte mein Magen und schon bei dem Gedanken an die köstliche Fleischwurst von gestern lief mir das Wasser im Mund zusammen. Und siehe da: Meine neue Mama stellte bereits einen Napf mit meinem Frühstück auf den Boden. Voller Vorfreude rannte ich zu meiner Futterstelle und musste feststellen, dass sie da scheinbar etwas nicht verstanden hatte. Statt Fleischwurst fand ich undefinierbare, kleine braune Brocken in meinem Napf (Trockenfutter). Gut, sie waren mit etwas ziemlich gut Riechendem vermengt (pürierte, gekochte Hühnerherzen), aber dennoch… Verständnislos sah ich in den Napf: „Und das soll ich jetzt fressen?!“ Meine Mutter war hartnäckig – ich war hartnäckiger. So gab sie im Laufe der ersten Tage schließlich auf. Wieder und wieder hatte sie mir neue Varianten des Trockenfutter-Gemischs vorgesetzt: Mit selbst gekochter Hühnerbrühe, geriebenen Möhren und Nassfutter in den verschiedensten Sorten. Sie gab sich wirklich Mühe. Dabei war die Lösung doch so einfach: Fleischwurst. Endlich fand ich in meinem Napf das kleingeschnittene fleischige Glück. Behutsam pickte ich mir die Wurststücke heraus, ließ das Trockenfutter liegen und zog, einigermaßen gesättigt und den empörenden Blick meiner Mutter ignorierend, von dannen.

Die Trockenfutter-Verschwörung

Die Sache mit der Fleischwurst hielt sich leider nicht lange. Das sei keine vollwertige Nahrung, sagt meine Mutter. Trockenfutter sei gut für meine Zähnchen, da sie den Zahnbelag abreiben und somit Zahnstein und Parodontitis vorbeugen können. Verschiedene Trockenfuttersorten wurden ausprobiert: Von groß bis klein, rund bis flach, Ente bis Rind. Wirklich zugesagt hat mir keines davon. Nach vier Monaten fand meine Mutter dann jedoch endlich eine Mischung, die mir schmeckt, was sie fast glücklicher machte als mich. Die Fleischwurst wurde abgelöst. Die neue Lösung: Fisch! Die Mischung aus Fisch-Nass- und -Trockenfutter verschlinge ich ohne Murren und sogar mit Genuss. Trockenfutter pur ist jedoch immer noch eine Herausforderung. Das fresse ich höchsten ab und zu mittags und das auch nur, wenn meine Bürohund-Freundin Zula daneben steht und es im besten Fall schon abgeschleckt hat.

Wir Hunde aus dem Tierschutz

Fazit meiner Mama: Geduld, Geduld, Geduld! Sie dachte wohl, dass sie es einfach haben würde mit einer Hündin aus dem Tierschutz. „Die bekommen da ja nichts Vernünftiges. Die wird sich freuen, endlich richtiges Hundefutter zu bekommen“. Tja, Fehlanzeige. Besonders Hunde aus dem Tierschutz haben zu Beginn oft Probleme damit, sich an das neue Futter zu gewöhnen. Bevor ein Tierschutzhund bei Euch einzieht, solltet Ihr bei dem jeweiligen Tierschutzverein bzw. Tierheim erfragen, was für Futter Euer zukünftiger Vierbeiner aktuell bekommt. So könnt Ihr Euch schon einmal darauf einstellen, was die Fellnase bereits kennt und mag und was nicht. Sicherlich gibt es auch viele Tierschutzhunde, die keine großen Schwierigkeiten mit dem neuen Futter haben.


Ahoi Ihr Landratten! Mein Name ist Evie und ich bin eine kleine Tierschutzhündin aus dem schönen Rumänien. Zusammen mit meiner Bürohund-Freundin Zula begleite ich das Marketingteam von AGILA. In meiner Kolumne berichte ich über verschiedene Themen, die mich in meinem Hundeleben beschäftigen, aber auch von meinem Alltag auf vier Pfoten.

Foto: © Hannah Konitzer