Leinenführigkeit und Unruhe

Allgemeines
claudia90 schrieb am 20.10.2015
Guten Tag, mein 8 monate Alter Podenco-Stafford-Mix ist seit Juni'15 bei uns. Er kommt aus dem Tierschutz und hat ethliche Sachen in seinem kurzen Leben erlebt. Nun sind 5 Monate um und wir sind natürlich mitten in der Pupertät. Wir sind seit der ersten Woche, die er da ist, in der Hundeschule. Inzwischen hat er sich wirklich super eingelebt und er ist ein glücklicher Hund. Wenn wir aber raus gehen, in ungewohnter Umgebung, dann zieht er an der Leine, springt Fahrräder an, knurrt und fletscht andere Hunde an. Gehen wir in bekannter Umgebung spazieren, ist er ein Engel an der Leine. Er hat sooooviele Hundefreunde und kann Hunde auch ignorieren und vorbeigehen. Fahrräder sieht er dann garnicht... allerdings taucht das Problem erneut auf, wenn es dunkel wird. er wiegt nun kanpp 20kg. und ich bekomme Probleme beim Halten, wenn er so ausflippt. Wir waren in der Hundeschule und haben nach Hilfe gefragt und prompt gab es eine Einzelstunde. Die Trainierin hat meinem Hund in die Hüfte gekniffen und gezischt. Dann hat er laut gefiept und hat auf jedes Wort gehört, allerdings war er sehr ängstlich. Diesen Zustand sollte ich, lt. der Trainierin, auch bei ihm hinbekommen. Wir trainierten 3 Wochen.. allerdings brachte ich es nicht über das Herz ihn zu kneifen oder ähnliches. Wir haben es mit seeeeeeehr viel Geduld .. warten.. umdrehen..ablenken..etc.. versucht. wir haben minimal Erfolg.. allerdings nicht so, wie man es sich vorstellt. Ich also nochmal zu der Trainerin. Habe sie gefragt, ob sie auch eine andere Möglichkeit für mich hat, ihn aus der Situation zu bekommen, ohne ihn wehzutun. Sie empfiel mir eine Wasserflasche. Bei Fehlverhalten sollte ich ihm damit eine Ladung verpassen.

Ich bin so unsicher.. ich will meinem Schatz helfen.. ich will die Unruhe verbannen und einen entspannten und sicheren Hund. Was sagt ihr? Habt ihr Tipps? Er ist sooo ein goldschatz.. und er soll sich doch prächtig entwickeln.. und sich durch schlechten Tipps von Trainern, falsch entwickeln.

Über Antworten wäre ich unglaublich dankbar.

LG Claudia
2 Antworten
claudia90 | Fragesteller/in
schrieb am 20.10.2015
natürlich meine ich: durch schlechte Tipps nicht falsch entwickeln! sorry..
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Gabriele Holz | Hundetrainer/in
schrieb am 26.10.2015
Hallo,

"Gewalt fängt dort an, wo Wissen aufhört". Ein wahrer Spruch. Sie haben vollkommen recht, wenn Ihnen diese Methode nicht zusagt, und auch, wenn Sie nicht mit der Wasserflasche arbeiten wollen.

Ihr Hund benimmt sich in seiner gewohnten Umgebung friedlich, weil er sich dort sicher fühlt. In ungewohnter Umgebung sind viele Hund aufgeregter und die Leinenführung lässt dann etwas zu wünschen übrig. Das sehe ich aber auch noch als normal an, hier hilft nur, möglichst häufig an verschiedenen Stellen spazieren gehen.

Das größere Problem ist, dass Sie Ihren Hund schwer halten können. Dadurch baut sich selbstverständlich bei Ihnen Stress auf, der sich dann wieder auf den Hund überträgt. Es gibt einige Hilfsmittel hierfür. Das bekannteste ist das Halti, das jedoch sorgfältig auftrainiert werden muss und über das auch keinen Druck ausgeübt werden darf, da sonst eine Verletzungsgefahr besteht. Richtig angewendet sicherlich ein tolles Hilfsmittel.

Ich bin in letzter Zeit Fan von einem Geschirr im Sinne von TTouch geworden. Das Geschirr hat zwei Ringe, in die die Leine eingehakt wird. Der erste Ring ist wie gewohnt auf dem Rücken, der zweite an der Brust. Ich führe meine 60 Kilo Dogge damit und kann sagen, dass ich ihn damit super führen kann.

Wenn Sie sicher sind Ihren Hund halten zu können, dann strahlen Sie auch wieder die Gelassenheit aus, die Ihr Hund in fremder Umgebung benötigt. Fangen Sie dann an, in der ungewohnten Umgebung Ihren Hund mit Aufgaben zu beschäftigen. Dies können Suchspiele sein, Spiele mit einem Spielzeug, kleine Aufgaben aus dem Dog-Dance-Bereich oder Aufgaben wie "Handtouch".

Für das Rüpeln an der Leine haben wir seit kurzem eine nette Methode, mit der wir viel Erfolg haben.
Wir bringen den Hunden bei, den Blick wieder abwenden zu können. Zuerst bringen wir unseren Hunden ein Markerwort bei. Ein Markerwort ist ein Wort, das in unserem Sprachgebrauch nicht häufig vorkommt, z.B. "Click". Das Markerwort trainieren wir wie einen Clicker auf. Dazu nehmen wir uns eine Schüssel mit Leckerlis und sprechen unser Markerwort aus und geben innerhalb einer Sekunde das Leckerli. Nach ca. 30 Wiederholungen müsste der Hund das Wort mit dem Leckerli verbunden haben. Ob dies der Fall ist können Sie einfach überprüfen. Sagen Sie Ihr Markerwort einmal wenn Ihr Hund nicht aufmerksam ist, aber auch nicht unbedingt wahnsinnig abgelenkt ist. Wendet er den Kopf und "fragt" nach dem Leckerli hat er das Wort richtig verknüpft.
Dann beginnt das eigentliche Training. Wir beginnen in einer Entfernung, in der die Hunde bereits den anderen Hund ansehen, aber noch ansprechbar sind. Dann loben wir die Hunde für "den Blick" und belohnen sie bei uns. Um die Belohnung zu bekommen, müssen die Hunde den Blick wieder abwenden. Wir verlangen kein "Guck", sondern loben den Hund mit einem "Markerwort z.B. Click" und belohnen bei uns. Da wir hinter dem Hund stehen, muss er den Kopf abwenden um das Leckerchen abzuholen. Dadurch trainieren wir zusätzlich das Muskelgedächtnis. Dann lassen wir wieder den anderen Hund ansehen und loben wieder und belohnen wieder bei uns. Der Hund lernt nun, sich mit dem anderen Hund auseinander zusetzen und er lernt, dass man schauen kann und wegschauen kann. Hat er dieses System begriffen, geben wir das Markerwort nur noch für das selbständige Wegsehen. Dann kann an der Entfernung gearbeitet werden. Die Distanz richtet sich danach, wie lange der Hund noch ansprechbar ist. Das ideale Training ist, wenn wir die Situationen so gestalten, dass der Hund diese gerade noch bewältigen kann.

Der Erfolg dieses Trainings liegt darin, dass sich der eigene Hund mit dem auslösenden Reiz (Hund oder Fahrradfahrer) auseinandersetzt und darin, dass wir keine Spannung aufkommen lassen. Bevor der Hund sich in Erregung hineinsteigern kann, kommt durch das Umlenken wieder eine andere Körperhaltung und damit der Abbau der Anspannung.

Für weitere Anregungen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Herzlichst
Ihre Gabriele Holz
amtlich genehmigte Hundetrainerin
www.wolf-inside.de

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