Unsicherer Herdenschutzhund

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Landerun schrieb am 21.01.2016
Moin Moin aus Norddeutschland. :-)
Mein "Problem" ist ein ca. 3 Jahre alter Kangal-Mix, der sich noch im Tierheim befindet. (seit 2 Jahren). Er muss geschlagen worden sein - ist sehr ängstlich. Leider trägt er nur ein Halsband, was meines Erachtens nach nicht genügt, denn dort kann er sich herauswinden. Die Taktik des Tierheims ist es, unsichere Situationen wie andere Hunde, Katzen usw zu vermeiden, weil niemand weiß, wie er sich benimmt. Ausserdem zieht er an der Leine und geht ständig um die Person, sie ihn an der Leine hat herum. Es ist nicht möglich, ihn dazu zu bekommen ruhig neben mir zu gehen. Er prescht vor - bleibt auf Zuruf zwar stehen - setzt sich aber bei meinem ersten Schritt wieder vor mich. Klares Dominanzverhalten. Meine Anweisung vom Personal des Tierheims ist, ihn gewähren zu lassen. Das jedoch widerstrebt mir, denn dann mache ICH was der HUND will! Ich selber würde ihm ein "Ausbruch-sicheres" Geschirr anlegen und ihm nicht nachgeben - solange stehenbleiben, bis er sich gesammelt hat - keine Möglichkeit geben, dass er um mich herum gehen kann. Leider ist er auch durch noch so leckere Fleischstückchen in diesem Moment nicht zu bestechen. Meine Meinung... solange er nur diese Halsband trägt - aus dem er sich heraus winden kann - habe ich keine Chance. Der Spaziergang ist allerdings für mich so eine Katastrophe. Abwechselnd stehen bleiben, korrigieren und dann drehe ich mich entweder um mich selber oder wickle die Leine wieder um mich herum. Furchtbar. Haben sie noch einen Tip?
1 Antwort
Hallo, ich kann mich hier nur auf das stützen, was sie geschildert haben. Leider hat man keine Möglichkeit, sich alles live anzusehen. Möchten sie den Hund zu sich nehmen oder sind sie "nur" Gassigänger für eine gewisse Zeit?
Auch ein Halsband kann man so eng schnallen, dass der Hund sich kaum herauswinden kann. Ein Geschirr wäre nicht schlecht ist aber meiner Meinubg nach nicht unbedingt nötig, zumal sie ja hier an die Vorgaben des TH gebunden sind.
Ein Vorangehen des Hundes ist nicht immer Dominanz. Es ist auch Teil ihres Charakters, alles im Blick zu haben, die Umgebung zu scannen um so die "Herde" rechtzeitig vor eventuellen Gefahren zu schützen.
Herdenschutzhunde haben manchmal eine sehr große Individualdistanz, Sie mögen einfach kein enges "bei Fuß gehen". Machen sie ihm keinen Druck. Was richtig ist belohnen sie z.B. mit Streicheleinheiten/verbalem Lob. Alles andere ignorieren sie. Er ist unsicher, hat (noch) wenig Vertrauen in sie - warum sollte er also auf sie hören. Druck erzeugt Gegendruck - kein Vertrauen. Dies hat nichts mit Dominanz zu tun.
Ich benutze für solche Hunde im Training sehr gerne eine Schleppleine, damit der Hund genügend Spielraum hat. Üben sie erst einmal nur laufen an lockerer Leine, auch wenn die Distanz zwischen ihnen und dem Hund noch recht groß ist. Nähe kommt später, wenn der Hund dazu bereit ist. Belohnung kann auch ein ausgiebiges Ohrenkraulen sein, schauen sie wofür er sich begeistern läßt.
Mit der Schleppleine können sie entspannt laufen, der Hund kann seine Vorwegdistanz ausschöpfen, sie haben ihn trotzdem an der Leine. Läuft er um sie herum, ist es mit der Schleppleine auch egal. Arbeiten sie nur einfache Dinge, die Korrektheit kommt auch später.
Orientiert er sich an ihnen, belohnen sie dies mit einem Spiel etc. Führen sie Rituale ein. Rufen, belohnen. Erst einmal in ruhiger ablenkungsarmer Umgebung. Erst wenn es dort klappt, erhöhen sie die Ablenkung. Name des Hundes sagen, er soll sie dafür anschauen.
Überfordern sie ihn nicht, geben sie ihm und sich Zeit. Er ist kein Hund mit super Erfahrungen im Leben und schon gar kein Hund, der unbedingt mit Menschen zusammen sein möchte. Er kommt auch gut alleine klar.
In meinen Augen ist es im Moment das Wichtigste, dass er Vertrauen in sie bekommt, sie ihm aber auch seinen Freiraum lassen und ihn behutsam fordern.

Mit freundlichen Grüßen Sabine Kutschick
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