Unsicherheit bei fremden Menschen

Aggressivität ❯ Gegenüber Menschen
Anke T. schrieb am 03.04.2024
Wir haben eine fast 3,5 Jahre alte Bernhardiner Hündin (60kg).Mit 6 Monaten haben wir sie von einem Familienemitglied übernommen. Sie ist während des Lockdowns geboren und hat die ersten Monate in einem Ski-Urlaubsgebiet gelebt, d.h. sie hat nichts kennengelernt, da wegen Corona keine Urlauber da waren und der Ort sonst kaum bewohnt war. Sie hat seit dem Welpenalter Probleme mit fremden Menschen. Als Welpe hat sie alle Leute verbellt und als Junghund bzw. in der Pubertät hat sie sich angewöhnt in die Leine zu gehen und alle zu verbellen. Auf Grund ihrer Größe hat sie damit leider fast immer Erfolg gehabt. Wir haben bereits mit einer Trainerin gearbeitet, die Leinenführigkeit ist gut. Inzwischen reagiert sie differenzierter. Bei kleinen Kindern, Menschen mit Hunden, Menschen die laufen oder Radfahren oder sehr entspannten, selbstsicheren Menschen bleibt sie ruhig und lässt sich teilweise auch streicheln. Vorallem bei Männern; gestressten, hektischen, ängstlichen, unsicheren Menschen verbellt sie immer noch. Wenn Menschen plötzlich auftauchen (hinter einem Auto, aus einem Hauseingang...) oder direkt auf sie zukommen geht sie nach vorne. Wir (ich und mein Freund) können sie nur an der rechten Seiten führen, da wir links nicht die Kraft haben sie zurückzuhalten, wenn sie mal nach vorne geht. Wir arbeiten mit Ausweichen, Stehenbleiben und sie blockieren, Belohnen bei ruhigem Verhalten, aber irgendwie kommen wir derzeit nicht mehr weiter. Beim Spazierengehen müssen wir immer sehr genau schauen, wer kommt und das ist manchmal sehr ermündend. Wir wohnen in einer sehr belebten Gegend, d.h. wir begegnen immer Menschen. Was können wir tun, damit sie fremde Menschen ignoriert und von selber eher den Abstand sucht?
1 Antwort
Guten Abend,
es muss egal sein, ob Menschen und Kinder rennen, sondern Sie führen und beschützen den Hund:
Ab sofort führen Sie: Der Hund geht bei allen Begegnungen an der kurzen Leine HINTER Ihren Füßen und an Ihrer zum Ereignis abgewandten Seite.
Atmen Sie aus und gehen Sie mit dem Fuß, an dem Ihr Hund ist los. Wenn Ihr Arm nach vorne geht haben sie verloren. Zupfen Sie : Annehmen, lockerlassen, annehmen, lockerlassen Ihr Arm geht gerade nach hinten. Beginnen Sie Ihren Hund zu beschützen und zu führen. Hunde versuchen von uns wegzuziehen und alles wegzubellen, wenn sie VOR uns laufen. Noch trauen uns die Hunde nicht zu, dass wir alles für sie regeln.
Geben Sie Ihrem Hund Sicherheit. Hunde brauchen Regeln und Rituale, die Sie festlegen und durchsetzen. Dann fühlt sich ein Hund gut, weil er weiß, dass er sich auf uns verlassen kann. Schutz gibt es in allen Strukturen mit Eltern, Lehrern und Chefs – die guten machen uns sicher und gelassen, wir wissen, was wir tun sollen.
Um Ereignisse (Menschen und Dinge) gehen Sie Bogen und Kreise und lassen Ihrem Hund Zeit, sich – unter Ihren Schutz und an der Leine – in Ruhe anzunähern. Grundsätzlich ist Ihr Hund HINTER Ihren Füßen und wichtig: IHR KÖRPER IST OHNE AUSNAHME IMMER DAZWISCHEN!!!! Eine Hund an Hund oder eine Leinen-Begegnung gehen grundsätzlich schief. Gehen Sie auch in die andere Richtung und nehmen Sie den BLICKKONTAKT heraus. Bleiben Sie in Bewegung und lassen Sie ihn nicht am Rand sitzen und beugen Sie sich nicht über ihn, das baut unnötig Stress auf.
Er sollte nichts mehr zu „erledigen“ haben – Sie führen und geben Richtung und Verhalten an.
Bei Ihnen ist es vielleicht auch das Problem, dass Sie zu lange in die Situation hineingehen. Rufen Sie früher ab, leinen Sie früher an, seien Sie immer vorausschauend und ein bisschen fixer als Ihr Hund.
Nehmen Sie Menschen, die Ihnen entgegenkommen, als „Übung“. Zeigen Sie Ihrem Hund, dass sie seine Furcht/Unsicherheit ernstnehmen. Genauso gehen Sie an unbekannte Dinge heran – umkreisen Sie sie unter Ihrem Schutz, mit Ihrem Körper dazwischen (!!!!!) gern ein Leckerchen, wenn es klappt – lassen Sie sich bitte viel Zeit, nicht nur „probieren“.
Nach einer Weile wird Ihr Hund schon selbst an Ihre andere Seite gehen, weil er sich dort wohl fühlt und auf Ihren Schutz vertraut – das ist für Sie ein tolles Gefühl!
Es wäre auch toll, wenn Sie nicht nur „Gassi-gehen“, sondern Ihren Hund geistig trainieren und beschäftigen, damit er sich nicht langweilt. Viele Grüße Inge Büttner-Vogt www.hundimedia.de
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