Zoff bei Hundebegegnungen - aus Unsicherheit/Angst?

Aggressivität ❯ Gegenüber anderen Hunden
bagira schrieb am 21.06.2015
Hallo, mein 8 Monate alter Rüde (unkastriert) beginnt so langsam zu "rüpeln". Bisher waren Hundebegegnungen immer recht unproblematisch und Franky hat sich über jeden neuen Hund gefreut, den er kennenlernen durfte. Die Signale, wenn ein Hund nicht spielen möchte, hat er gelernt und reagiert gut darauf. Vor allem bei älteren Hunden. Er liebt es wild zu spielen: Beißen, Springen und Rennen (abwechselnd). Bei Hundebegegnungen (ohne Leine, Hundewiese) wird er im rasanten Spiel aber mittlerweile schnell unsicher, er reitet dann häufig auf und das Nackenfell sträubt sich je wilder die Spielerei wird (vor allem im Spiel mit ihm unbekannten oder jungen&gleichaltrigen Hunden). Irgendwann "knallt" es dann und Franky wird aggresiv. Er zeigt die Zähne, knurrt und beißt ab - ohne Vorwarnung Es kann sich dann eine richtige "Keilerei" entwickeln, die ich sofort unterbinde.
Wie kann ich in solchen Spielsituationen so reagieren, dass Franky nicht überfordert wird? Kann ich solche Situationen entschärfen? Soll ich das Spiel unterbrechen? Einige Hundebesitzer raten dazu, dass die Hunde das austragen müssen - ich weiß aber nicht, was ich davon halten soll.

Ein weiteres Problem ist, dass er bei Hunden, die sich "dominant", also eher imponierend/drohend auf ihn zubewegen (steifer Körper, fixieren, ihm Bewegungseinschränkungen auferlegen, Kopf über seinen Körper halten) auch schnell unsicher wird und anstatt zu beschwichtigen aus einer Angstsituation (?) heraus aggressiv reagiert und dann knallt es ebenfalls zwischen den beiden. (Spielerisch unterwerfen macht er, aber er deeskaliert nie im Ernstfall...) Umgekehrt bewegt er sich aber genauso auch auf manche Hunde zu.
Ich habe gelesen, dass man dem Hund Schutz zwischen den eigenen Beinen anbieten muss und den anderen Hund blocken soll. Das habe ich bisher gemacht. Das führt nur leider dazu, dass Franky dann mit der gewonnen Sicherheit aus meinen Beinen heraus einen Angriff auf den anderen Hund startet. Und dann wieder Schutz sucht, sobald der andere Hund entsprechend darauf reagiert... Das Spiel wiederholt sich dann beliebig oft, wenn der andere Hund sich wieder entfernt.

Allgemein ist er ein eher unsicherer Hund, auch in der Begegnung mit fremden Menschen, Besuch, etc. - hier nehme ich ihn immer hinter mich und das klappt gut. Nur leider ist das bei Hundebegegnungen schwierig...
3 Antworten
Guten Abend,
es klingt so, als seien Sie in einer nicht geführten Welpenspielstunde gewesen. Nun ist er mitten in der Pubertät und weiß nicht wie er sich verhalten soll. Sie haben völlig recht, er ist überfordert und unsicher. Sie haben sich jede Menge Ratschläge anhören müssen - "Hunde müssen es austragen" - aber niemals! Ihr Hund hat ein sehr unsicheres Sozialverhalten und da kommt er nur mit Ihrer Hilfe wieder heraus. Franky ist wie ein Kind, das nicht weiter weiß und dann zuhaut. Zwischen Ihren Beinen ist gar keine Lösung, wie Sie gesehen haben. Im letzten Satz steht etwas sehr richtiges: Sie nehmen ihn hinter sich, das klappt gut, weil er sich beschützt fühlt.
Ehe Sie jetzt wieder problematische Hundebegegnungen haben, bringen Sie Ihren Hund erst einmal wieder an Ihre Seite und machen Sie ihn gelassen, sonst wird es nichts. Falls Sie nicht kastrieren wollen, müssen Sie auch eine große Schippe Erziehung drauflegen.
Für die nächsten 14 Tage ist erst einmal Spielverbot, sondern Sie arbeiten mit ihm und holen sich den Respekt zurück:
Beginnen Sie Ihren Hund zu beschützen und zu führen. Ihr Hund ist unsicher und beißt/bellt alles weg – das ist seine Strategie, weil er Ihnen nicht zutraut, mit der Situation klar zu kommen.
Ab sofort führen Sie: Der Hund geht HINTER Ihren Füßen, sie gehen niemals frontal auf einen Hund oder einen Menschen zu. Meistens liegt es am fehlenden Vertrauen zu uns. Sie vermitteln Ihrem Hund Sicherheit, indem Sie ihn immer beschützen. Schutz gibt es in allen Strukturen mit Eltern, Lehrern und Chefs – die guten machen uns sicher und gelassen, wir wissen, was wir tun sollen.
Fremde fassen Ihren Hund vorerst nicht an und Sie vermeiden es, dass der Mensch Ihren Hund ansieht. Sie gehen Bogen und Kreise und lassen Ihrem Hund Zeit, sich – unter Ihren Schutz und an der Leine – in Ruhe anzunähern. Grundsätzlich ist Ihr Hund HINTER Ihren Füßen und wichtig: IHR KÖRPER IST OHNE AUSNAHME IMMER DAZWISCHEN!!!! Eine Hund an Hund-Begegnung geht grundsätzlich schief. Gehen Sie auch in die andere Richtung oder schirmen Sie ihn am Rand ab. Er sollte nichts mehr zu „erledigen“ haben – Sie führen und geben Richtung und Verhalten an.
Bei Ihnen ist es vielleicht auch das Problem, dass Sie zu lange in die Situation hineingehen ohne etwas zu tun, reagieren Sie sofort, vor dem Hund, wenn es geht, das schafft Vertrauen.
Nehmen Sie Menschen, die Ihnen entgegenkommen, als „Übung“. Zeigen Sie Ihrem Hund, dass sie seine Furcht ernstnehmen. Alle Hunde in meinem Training haben es geschafft, als die Besitzer mit dem Schutzprogramm angefangen haben. Genauso gehen Sie an unbekannte Dinge heran – umkreisen unter Ihrem Schutz, mit Ihrem Körper dazwischen (!) gern ein Leckerchen, wenn es klappt – lassen Sie sich bitte viel Zeit, nicht nur „probieren“.
Nach einer Weile wird Ihr Hund schon selbst an Ihre andere Seite gehen, weil er sich dort wohl fühlt und auf Ihren Schutz vertraut – das ist für Sie ein tolles Gefühl!
Wenn er Ihnen vertraut und solange bei Ihnen bleibt, bis Sie Spiel und Spaß freigeben - "fragt ob er gehen darf", können Sie ihn auch abrufen, wenn etwas brenzlig wird.
Sie können dann Ihren Hund "lesen" und wissen, wann Sie einschreiten müssen.
Es wäre auch toll, wenn Sie nicht nur „Gassi-gehen“ und toben, sondern Ihren Hund geistig trainieren und beschäftigen, damit er sich nicht mit Ihnen langweilt. Hierzu finden Sie alles auf meiner
Homepage: www.hundimedia.de
Bücher „Spiel und Spaß mit Hund“ und „Mehr Spiel und Spaß mit Hund“ Film: „Der Weg ist das Ziel: 222 Möglichkeiten den Hund zu beschäftigen.
Und wichtig: Leinen Sie Ihren Hund niemals mit Blickrichtung zum anderen Hund ab, drehen Sie sich ein Stück weg und behalten Sie die Kontrolle.
Viele Grüße
Inge Büttner-Vogt

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bagira I.
schrieb am 23.06.2015
Vielen Dank erstmal für die schnelle Antwort!

Wir waren in einer Welpenschule, in der nach den ersten Übungen die letzten 15min. immer gespielt wurde. Zu Beginn hat Franky sich kaum für die anderen Welpen interessiert und nur vereinzelt gespielt. Damals hatte man uns geraten ihn mit souveränen älteren Hunden zu sozialisieren, was auch gut geklappt hat und bis heute klappt.
So lange er nicht unter läufigen Hündinnen "leidet" möchte ich ihn auch eigentlich nicht kastrieren lassen. Sowas würde ihn ja auch nicht sicherer machen, im Gegenteil, ich denke er würde noch unsicherer werden.
Neben den regulären Spaziergängen machen wir Leckerlie-Suchspiele, Dummy-Arbeit und Trick-Dogging.

Er zeigt das "problematische" Verhalten auch nicht bei allen Hunden, eher nur vereinzelt in den beschriebenen Situationen (wenn es zu wild wird oder der andere Hund stark imponiert/droht).

Das hinter mir/uns gehen machen wir bereits seit gut 2,5 Monaten. Er ist dadurch bei Joggern, Fahrradfahren und Spaziergängern viel gelassener geworden. Nur die Hundebegegnungen sind immernoch vereinzelt schwierig geblieben. Er kommt in den "problematischen" Situationen nicht zu mir an die Seite, bzw. laufen dort ja meist die anderen Hunde hinterher und es wird bei mir weiter gespielt und gerauft. Wir werden die Hundeweise jetzt erstmal die nächsten 14 Tage meiden, aber ich bin mir nicht sicher, ob er danach anders reagiert. So entspannt er auch an der Leine bei mir ist, er kommt mittlerweile schon wenn er Jogger von weitem sieht zu mir, so schwierig bleibt dennoch die ein oder andere Hundebegegnung.

Haben Sie vielleicht noch einen Rat wie ich in der konkreten Situation mit anderen Hunden handeln kann, ohne ihn in seiner Unsicherheit zu bestärken?

Vielen Dank.
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Hallo,
ganz stimmt es nicht mit der Kastration - alle Hunde - ohne Ausnahme, die vor der Kastration unsicher waren auch in Kontakten - sind heute sichere, mutigere Hunde, die sich in meiner Stunde super zurecht finden - allerdings mit einem Arbeitsprogramm. Diese Meinung ist richtig ohne Ausbildung (des Halters) danach.

Ich würde Ihren Hund an Ihrer Seite noch viel sicherer machen, spielen ist super - beschäftigen nach meinem Buch. Werden Sie zu einem Team, dass Ihr Hund keine eigenen Entscheidungen trrifft, die Sie dann nicht mehr im Griff haben (können), weil Sie nicht sicher wissen. Wenn Sie ihn weiter an Ihrer Seite sicher machen, wird er auch in brenzligen Situationen bei Ihnen "abrufen", was er tun soll - dann haben Sie es geschafft.Ob 14 Tage genug sind, zeigen Versuche, die Sie starten können, wenn nicht, arbeiten Sie einfach allein weiter und genießen die wunderrbare Zeit mit Ihrem Hund.
Viele Grüße
Inge Büttner-Vogt
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