Warum beißt Hund in die Tür und was kann man dagegen tun?

Angst ❯ Vor dem Alleinsein
besorgt21 schrieb am 01.05.2021
Guten Tag,

ich habe folgendes Problem, welches mich an den Rand meiner Hundekompetenz (und zunehmend Nerven und Besorgnis) führt: meine Hündin beißt jüngst in die Tür, wenn diese geschlossen wird. Das Verhalten nimmt zu, ist mindestens manifestiert. Nun ist zu sagen, dass ich mit meiner Hündin seit fast 11 Jahren zusammenlebe (seit Welpenalter) und sie ein solches Verhalten all die Jahre noch nie zeigte. Ich bin sehr besorgt. Sie ist mir sehr sehr wichtig. Weiß nicht wie dies richtig zu dekonditionieren ist bzw. anzugehen, zur Normalität zurückzuführen.

Hintergrundinfos: Jahre 1-4 lebte sie, mit meiner Ex-Freundin und mir zusammen, in einer 4 Zimmer-Whg. und hatte alle Zimmer zur Verfügung.

Jahre 6-10 lebte sie mit mir alleine in einer 1-Zimmer-Whg. Sie war gewohnt dass ich, wenn nötig auch einige Stunden, nicht da bin. Sehr oft war ich auch da. Wenn ich weg oder außerhalb des Raumes beschäftigt war, wartete sie ruhig auf meine Rückkehr. Es kam nicht selten vor, dass sie mich hören konnte, sie im Zimmer, ich davor (z.B. Wäschekeller nebenan, Werkraum, Garten (wenn mal was hundeinkompatibles allein zu tun war). Keine Aggressionen, kein Bellen. Friedliches Hundedösen (konnte ich teilweise einsehen).

Sie erhielt und erhält genügend Bewegung (Gassi), sie frisst und trinkt normal (auch aktuell). Alles war soweit ok.

Zum Ist-Zustand: ich musste erneut, wegen Todesfall, umziehen, in ein Haus. Es steht mir (und ihr) ein Zimmer zur Verfügung, vergleichbar mit vorheriger 1-Zimmer-Whg. Sie kann sich in diesem Zimmer frei bewegen, hat ihr Körbchen zur Verfügung, Futter, Wasser, weitere Liegemöglichkeiten.

Verändert ist: sie kann Geräusche eines anderen Hausbewohners hören (normale Lebensgeräusche, keine Belästigung). Das konnte sie am vorigen Wohnort auch, weniger häufig allerdings, von Mitmietern. Zudem war hier 2 Mal Besuch zweier kleiner Kinder (jeweils 3 Tage), die natürlich hörbar waren.

Nun ist zu sagen, dass meine Hündin stets die Angewohnheit hatte und hat, im Zweifelsfall, Kleinst-Gegenstände a) wegzutragen oder b) schlimmstenfalls runterzuschlucken. Ihr ganzes Leben lang bereits. Damit begründet konnte sie nicht den gesamten Tag am Kinderbesuch im Haus teilnehmen (herumliegendes Klein-Spielzeug etc). War zumeist in meinem/ihrem Zimmer. Normal Gassi. etc. War sicherlich auch mit den Kindern in Kontakt, nur nicht dauernd.

Ich habe mir schon alles mögliche durchdacht. Es kann keine zu lange zeitliche Trennung (von mir) sein. Ich gehe raus; kann sein, dass sie keine 5 Minuten später loslegt, an der Tür.

Zu wenig Bewegung: an einem der jüngsten Tage regnete es stark. Das Gassi fiel daher etwas kürzer aus. Zuhause machte sie die Tür-Aktion. Zum Akut-Test machte ich, tags darauf, einen extragroßen Spaziergang (Auspowern) mit ihr. Half nichts. Ich raus, 5 Min, Tür-Programm.

Weitere Beobachtung: solange ich mit ihr im Zimmer bin, ist sie verhaltensunauffällig. Geräusche vom Haus machen sie "aufgeschreckt". Ich kann diese jedoch nicht verhindern, offensichtlich.

Auch als die Kinder hier waren, machte sie einen gestressten Eindruck (aufgeregt). Seit sie das mit der Tür macht, ist sie, wenn man reinkommt offensichtlich gestresst (hecheln). Sobald ich da bin, ist sie ruhig. Ich versuche so viele Infos zu liefern als möglich. Relevant oder auch irrelevant (kann ich schwer einschätzen).

Was mir noch auffällt: seit einiger Zeit schläft sie, hier und da, in meinem Bett, wenn ich schlafe. Das tat sie bisher niemals. Sie lag bei mir, wenn ich las (teils Stunden am Abend; ich lese, sehe kein TV), sobald sie registrierte, dass ich mich final schlafen legte, sprang sie vom Bett und legte sich ins Körbchen. Sie war, das versuchte ich in all den Jahren hier und da mal, nicht dazu zu bewegen im Bett zu schlafen. Per se nicht. Außer einmalig, als sie operiert werden musste; es ihr demnach nicht gut ging.

Mir ist nun völlig klar, dass dieses Tür beißen schnellstmöglich aufhören muss. Es muss gegengesteuert werden. In erster Linie für sie, in zweiter Linie auch für mich (sie ist gestresst und ich ebenfalls). Ich bin besorgt, da, je länger ich das nicht souverän ihr "abtrainiere" desto mehr konditioniert sich dies. Ich scheitere am WIE.

Gedanken dazu: wenn ich von außen, es hörend, sage AUS, .. Nun dann reagiere ich auf ihr Tun. Ist denke ich schlecht. Wenn ich, während sie die Tür traktiert, reingehe reagiere ich wiederum auf ihr Tun. Vermeidung, d.h. sie maximal im geteilten Haus stets und ständig rumlaufen zu lassen, würde oberflächlich gesehen zwar helfen, aber das Problem nicht lösen. Ich befürchte eher verschlimmern. Sie hat keine faktische Not. Eine subjektive/empfundene hat sie offenbar, das vermute ich. Die sie allerdings fast 11 Jahre, in sehr vergleichbarem Wohnbereich, nicht hatte. Es gibt zig Lebenssituationen im Menschenleben, in welcher der Hund zeitweise im Zimmer (nicht im Gesamt-Haus) verweilen muss. Sie muss das können, und kann/konnte es seit 11 Jahren, d.h. min 6 Jahre lang, mit ihr alleinlebend.

Was bedachte ich noch: Tür mit Holz verkleiden, ihr Tun komplett ignorieren. Und nur dann das Zimmer betreten wenn sie die Tür/Verkleidung nicht traktiert. Bis sie gelernt hat dass ihr ihr Tun nichts bringt. Herrchen nur bei Nicht-Traktieren zurückkehrt. Finde ich allerdings schwer gewöhnungsbedürftig, die Vorstellung das so durchzuziehen. Sie täte mir leid. Tut dies ohnehin bereits. Zitrus hatte ich versucht hinzuschmieren. Interessiert sie nicht. Mit Pappe hatte ich's einen Tag verkleidet, hat sie plattgemacht.

Was noch zu sagen ist: ich bin selbst sehr gestresst, wg allg. Lebenssituation. Das merkt sie sicherlich. Allerdings kann dies nicht Ursache sein, da ich große Teile ihres Lebens gestresst/angespannt war, was mit meinem Menschen-Leben zu tun hat. Was ich hier nicht näher erläutern möchte. Möchte nur sagen, dass a) MEIN akuter Stresspegel hoch ist, dass sie das evtl. spürt/riecht/wahrnimmt, dass dies b) allerdings jahrelang so ist (mal schlimmer, mal weniger schlimm) und sie das bisher nun nicht im Geringsten zu solchem Verhalten veranlasste. Ich gebe mir ohnehin schon immer große Mühe und bewusste Aufmerksamkeit darauf, dass der Hund mein persönliches Leid nicht spürt.

Eine Info noch: Jack Russell Terrier ist die Hunderasse. Ich bin ziemlich mit meinem Latein am Ende, will ihr (und mir) zügig helfen. Bitte um Feedback. Dankeschön.
1 Antwort
Marina Krieg | Hundetrainer/in
schrieb am 04.05.2021
Hallo,

der Grund für den plötzlich auftretenden Trennungsstress wird vermutlich Ihr Umzug sein. Hunde lernen u.a. ortsbezogen. Ihre Hündin hat gelernt in Wohnung 1 allein zu sein, auch in Wohnung 2. Jetzt in Wohnung 3 muss sie es aber auch wieder neu lernen. Gerade wenn Hunde älter werden, fallen ihnen Veränderungen nicht mehr so leicht (wie bei Menschen auch ;) ).
Nur das Symptom bekämpfen (Tür kratzen bestrafen, Tür so präparieren, dass sie es nicht mehr tut etc.) wird nichts daran ändern, dass sie sich schlecht fühlt, wenn Sie nicht da sind. Es könnte sogar sein, dass sie sich dann andere Ventile sucht oder andere Verhaltensauffälligkeiten zeigt.

Sie sollten das Allein bleiben erneut und kleinschrittig aufbauen. Dazu ist es wichtig, dass sie in der Zeit, bis sie das für X Stunden gelernt hat, nie länger allein ist, als sie es bisher aushalten kann. Wenn immer jemand im Haus ist, könnte sie sich dort (wegen der Kleinteile evtl. mit Maulkorb, der vorher positiv auftrainiert wird) aufhalten. Ansonsten wäre evtl. eine Hundebetreuung eine Alternative.
Das Training selbst zu erklären würde hier jetzt den Rahmen sprengen. Dafür sollten Sie die Hilfe eines/einer Trainer:in in Anspruch nehmen.
Qualifizierte (!) Hundetrainer:innen in Ihrer Nähe finden Sie unter https://www.trainieren-statt-dominieren.de/trainer-umkreissuche .
Einige Kolleg:innen dürfen in der aktuellen Lage Einzeltraining anbieten. Eine andere Alternative wäre eine Verhaltensberatung online (auch bei mir möglich).

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg :)

Viele Grüße
Marina von den Ostseepfoten
www.ostseepfoten.com
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