Übungen für Trennungsangst?

Angst ❯ Vor dem Alleinsein
Linda875 schrieb am 20.09.2015
Hi! Mein Hund Roni ist mittlerweile 9 Jahre alt und ich hab es immer noch nicht geschaffs seine Trennungsangst zu überwinden. Wenn ich mit ihm einkaufen gehe und ihn draussen anbinde, dreht er völlig durch. Er fängt an zu bellen bevor ich ihn richtig angebunden habe. Das gleiche ist es, wenn ich mit Freunden oder meiner Familie unterwegs bin und ihn für 2-3 Minuten kurz weg bin, fängt er sofort an zu bellen obwohl er nicht alleine ist. Er fixiert sich auf mich und fängt an zu zittern. Ich hoffe ihr könnt mir einpaar Tipps geben. Vielen Dank
1 Antwort
Gabriele Holz | Hundetrainer/in
schrieb am 21.09.2015
Hallo,
Studien haben gezeigt, dass Trennungsstress in den ersten 10 Minuten nach Entfernen des Besitzers auftritt. Um Trennungsstress zu vermeiden, ist es wichtig, Ihrem Hund beizubringen, dass alleine zuhause zu bleiben eine angenehme Erfahrung ist. Eine Zeit in der er sich entspannen kann oder schöne Dinge tun kann. Die effektivste Möglichkeit zur Vermeidung von Trennungsstress ist ihm beizubringen, dass Alleinsein Spaß macht. Um dies zu erreichen ist eine schrittweise Erhöhung der Abwesenheitszeit wichtig, so dass Ihr Hund sich nie ängstigen muss und diese Zeit immer mit etwas Schönem verbindet. Die wichtigsten Aspekte dieses Trainings sind, dass die Zeiten des Alleine seins langsam gesteigert werden. Wie langsam hängt von der Entspannung ihres Hundes ab. Lassen Sie ihn nie so lange alleine, dass er verzweifelt. Bitten Sie ggfs. Freunde oder Familie in der Zeit der Abwesenheit auf ihn zu achten.
Belohnen Sie ihren Hund, wenn er entspannt alleine geblieben ist. Belohnung kann ein Spiel, ein Leckerchen, eine Liebkosung oder ein Lob sein. Wenn er ängstlich ist, schicken Sie ihn wieder auf seine Decke. Reduzieren Sie dann die Zeit, in der er alleine bleibt.
Wiederholen Sie die folgenden Trainingsstufen bis sie sicher sind, dass Ihr Hund glücklich ist.
1. Starten Sie damit, Ihren Hund auf seine Decke zu schicken. Dort soll er eine kurze Zeit verweilen. Bleiben Sie bei ihm stehen. Belohnen Sie ihn dafür.
2. Als nächstes schicken Sie Ihren Hund auf seine Decke und bewegen Sie sich, solange er dort bleibt. Belohnen Sie ihn dafür.
3. Steigern Sie die Zeit und die Distanz zu Ihrem Hund. Bleibt er auf der Decke, wird er belohnt. Steht er auf oder jammert er, wird er nicht belohnt. Gehen Sie dann aber wieder einen Schritt zurück.
4. Beginnen Sie dann, den Raum zu verlassen und die Tür hinter sich zu schließen. Beginnen Sie dann, die Abwesenheit zu verlängern.
5. Wenn Ihr Hund dies eine Stunde lang erträgt, sollte es kein Problem sein, ihn länger alleine zu lassen. Geben Sie ihm etwas, womit er sich beschäftigen kann, damit er sich nicht langweilt.

Es gibt eine Reihe von Dingen, die Sie tun können, damit sich Ihr Hund beschäftigen kann, während Sie weg sind.
Geben Sie ihn einen Knochen oder ein Spielzeug, wenn Sie den Raum verlassen. Stellen Sie sicher, dass das besondere Spielzeug oder Knochen dem Hund nur zur Verfügung steht, wenn er alleine gelassen wird.
Geben Sie Ihrem Hund einen gefüllten Kong oder einen Leckerchenball. Verstecken Sie Leckerchen im Haus, die er suchen kann oder basteln Sie ihm ein Überrasschungspaket. Diese Dinge beschäftigen ihren Hund geistig.
Räumen Sie diese Dinge wieder weg, wenn Sie heimkommen.
Ihr Hund wird leichter alleine bleiben, wenn er zuvor beschäftigt wurde. Gehen sie vor dem Alleinebleiben spazieren. Warten Sie dann noch 30 Minuten, bevor Sie ihn alleine lassen.
Geben Sie ihm eine halbe Stunde vor dem Alleinebleiben eine Mahlzeit. Geben Sie ihm noch einmal die Möglichkeit sich zu lösen, bevor er alleine gelassen wird.
Vermeiden Sie jegliche Strafen.
Sollte Ihr Hund sich schlecht benehmen, während Sie ihn alleine gelassen haben, schimpfen Sie nicht mit ihm. Die häufigsten Gründe für Verhaltensprobleme beim Alleinebleiben liegt in daran, dass die Besitzer mit ihren Hunden schimpfen, wenn sich der Hund während der Zeit des Alleinebleibens schlecht benommen hat. Ihr Hund kann Ihre Strafe nur mit ihrem Zurückkommen verbinden, nicht mit der Zerstörung, dem Bellen oder dem Unsauber sein. Ihr Hund wird dann besorgt über Ihre Reaktion beim nächsten Zurückkehren sein und dies wird sein „schlechtes Verhalten“ eher noch bestärken.

Manchmal liegt der Grund auch in einer unbewusst geförderten Hilflosigkeit des Hundes. Manchmal reagieren wir immer sofort, wenn unser Hund ein Problem hat. Wir möchten unsere Aufgabe als Führungsperson ernst nehmen und vergessen dabei, dass die Hunde es auch brauchen, Aufgaben zu lösen. Ich möchte Ihnen jetzt nicht den Rat geben, Ihren Hund zu ignorieren, denn Ignoranz ist eine starke Strafe. Aber ich möchte Ihnen anraten, einmal selbst zu reflektieren, wie viel Aufmerksamkeit Sie Ihrem Hund schenken. Und ob ihm diese Aufmerksamkeit immer zuteil wird, wenn er sie einfordert. Stellen Sie ihm auch ruhig einmal ein paar Aufgaben, die er selbst bewältigen muss, z.B. könnten Sie ein paar Futterbrocken n einen Eierkarton füllen, diesen schließen und dann Ihrem Hund geben.

Auch wenn Sie Ihren Hund draußen vor "Gefahren" schützen, z.B. größere Hunde, ist das vollkommen in Ordnung. Nur auch hier sollten Sie sich einmal selbst beobachten, ob Sie hier vielleicht zu früh oder zu ängstlich agieren. Das weiß ich selbstverständlich nicht und ich möchte Ihnen das auch nicht unterstellen, aber einfach mal als Denkansatz geben.

Für weitere Anregungen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung,.

Herzlichst
Ihre Gabriele Holz
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