Trennungsanst oder Kontrollverlust?

Angst ❯ Vor dem Alleinsein
KalteSchnauze schrieb am 26.05.2015
Mein Hund ist ein Scheidungshund, habe ihn mit 3 übernommen, zuerst haben wir beide bei meinen Eltern gewohnt, dann sind wir weggezogen zum Studieren in eine Wohnung (1. OG, WG) mit einem Mitbewohner und seinem Hund, (in dieser Wohnung hat er als er alleine war angeschlagen sobald jemand die Haustür unten aufgeschlossen hat und bei Geräuschen im Treppenhaus gebellt, zusätzlich hat er auch gebellt wenn Autos im Wendehammer gefahren & geparkt haben (hat mir die Nachbarin erzählt). Ich musste umziehen, weil es Differenzen in der alten WG gab. Jetzt wohne ich in einer anderen Wohnung wieder 1.OG und WG (in dieser Wohnung schlägt er nicht an bei Aufschließung der Haustür und bellt nicht wenn jemand im Treppenhaus hoch läuft). Das ist immerhin ein Fortschritt. In beiden Wohnungen habe ich das alleine bleiben so aufgebaut, wie es immer empfohlen wird. Hund alleine in einem anderen Raum lassen für wenige Minuten, dann wieder rein kommen. Dann die Zeit länger ausbauen und richtig die Wohnung verlassen. Ich lasse ihn hierfür nur in meinem abgeschlossenen Zimmer (17qm groß) da er Türen aufmachen kann und ich ungern möchte, dass er im Flur vor der Wohnungstür liegt und dann "Aufpasser des Treppenhauses" spielt. Sobald das alleine bleiben funktioniert, soll er schon in der gesamten Wohnung sich bewegen dürfen. Er bekommt kein extra Aufwiedersehen vor dem Weggehen und auch keine sofortige Begrüßung, wenn ich wiederkomme, damit er es als nichts besonderes ansieht, dass ich hin und wieder weg bin. Ich gehe dann einfach ins Zimmer rein und suche irgendwas oder krame rum. Später nach (ca. 5 Minuten) wenn er sich beruhigt hat (kein herumspringen und fiepen), rufe ich ihn zu mir und begrüßen uns. Jetzt ist es aber so, dass er immerhin manchmal schafft eine Stunde alleine zu bleiben, ohne einen Mucks und an anderen Tagen schafft er keine 25 Minuten. Er fängt dann an zu heulen (wie ein Wolf) für ca 4-5 Minuten, hört dann auf und fängt dann nach einer Zeit (20 Minuten) wieder an. (Ich filme ihn mit einer Camera). In der alleine Zeit liegt er erst eher mitten im Raum zur Tür hingewandt, dann springt er auf mein Bett, guckt aus dem Fenster in den Garten, schaut nach was ich so auf meinem Schreibtisch so rumliegen habe. Ob es mittags oder abends ist, macht auch einen Unterschied. Abends ist seine "Geduld" viel kürzer und er ist unruhiger. Vor dem Geschäft anbinden oder im Kofferraum lassen ist gar kein Problem. Ich kann nicht ganz abschätzen ob es Kontrollverlust ist oder Trennungsangst. Obwohl ich vom Gefühl her sagen würde, eher Kontrollverlust, weil bei Trennungsangst müsste er doch schon früher jaulen? Er hat ein wirklich gutes Sozialverhalten gegenüber anderen Hunden. Manche Rüden mag er nicht so gerne, aber die werden dann ignoriert und aus dem Weg gegangen. Hundebegegnungen an der Leine ist kein Problem (Kein Pöbeln etc.) Seine Leidenschaft ist das Schnüffeln und Makieren, wobei er nach dem Markieren scharrt. Da war ich mir nie sicher, ob ich das unterbinden soll oder nicht. Also das Scharren. Ich würde ihn nicht als ängstlich bezeichnen, eher als souveränen Rüden, er geht offen und freundlich auf alles zu (Menschen, Hunde). Ein paar Dinge worauf ich achte: Ich begrüße die Gäste zuerst Ich geh zuerst durch die Haustür Er bettelt nicht am Tisch Er bekommt erst dann sein Futter wenn er ruhig/entspannt ist Er lässt sich im Freilauf abrufen bei Begegnungen mit anderen Hunden (also er stürmt nicht von selbst hin, sondern erst nach meiner Freigabe) Er kann Fuß laufen Er darf nicht aufs Bett Er springt mich nicht an Bevor wir raus gehen wollen, läuft er viel im Kreis "freut sich" und quietscht etwas, da bleibe ich entspannt und warte ab bis er sich beruhigt und dann gehen wir erst los. Auf die Idee mit einem Hundetrainer bin ich natürlich auch gekommen, nur das gestaltet sich schwieriger als ich dachte, da ich Tipps wie Discscheiben, Antibellhalsband (Wasser/Strom) bekomme :/ Was mir noch als Idee gekommen ist, wäre dieser D.A.P. Zerstäuber, der Pheromone als Beruhigung versprüht, als Unterstützung? Ich war mit ihm in der Hundeschule, arbeite an mir selbst, reflektiere mein Tun, aber irgendwie versteh ich einfach nicht was ich falsch mache. Irgendwas MUSS es sein. Eventuell haben Sie ja eine Idee was ich noch nicht berücksichtig habe? Vielen lieben Dank im Voraus Liebe Grüße
1 Antwort
Gabriele Holz | Hundetrainer/in
schrieb am 28.05.2015
Hallo,
das ist eine schöne, ausführliche Beschreibung.
In Studien wurde festgestellt, dass Hunde, die Trennungsangst zeigen, dies zumeist in den ersten 10 Minuten zeigen. Daher würde ich Trennungsstress eher ausschließen. Auch die Schilderung des Verhaltens während des Alleinbleibens spricht nicht für Trennungssangst.
Das Heulen kann schon ein Ruf sein, um Kontakt mit Ihnen aufzunehmen. Wölfe tun dies u.s. wenn sie sich verloren haben, um sich wieder zu finden. Evtl. hilft ihm hier, wenn Sie einen Geruchsträger von sich zurücklassen.
Ich weiß jetzt nicht, ob bei Ihnen häufig Musik läuft, wenn Sie da sind, aber auch das könnte für Ihren Hund dann ein Stück Normalität sein.

Der D.A.P. Zerstäuber würde zur Entspannung beitragen. Nach Ihrer Schilderung ist Ihr Hund aber nicht aufgeregt. Stressanzeichen wären u.a. starkes Hecheln, nervöses Herumlaufen, Schuppenbildung oder ständiges über den Fang lecken. Auch das tut Ihr Hund nicht.

Ich habe daher eher den Eindruck, Ihrem Hund ist langweilig. Versuchen Sie doch vor Ihrer Abwesenheit den Hund mal so richtig auszulasten, vielleicht mit Schnüffelarbeit. Eine halbe Stunde vor dem Weggehen, geben Sie ihm dann noch mal die Gelegenheit sich zu versäubern. Legen Sie ihm dann doch etwas zum Kauen hin, oder z.B. einen gefüllten Kong.
Sie können auch in Ihrem Zimmer Kleinigkeiten verstecken, vielleicht sogar "eingepackt", so dass er nicht so ganz einfach dran kommt. Kopfarbeit lastet auch aus.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.

Herzlichst
Ihre Gabriele Holz
www.wolf-inside.de
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