Überschwängliche Freude bei Artgenossen

Mangelnder Gehorsam ❯ In Gegenwart anderer Hunde
mail schrieb am 30.10.2020
Guten Abend,

ich brauche Ihren Rat bezüglich unserer 1-jährigen Akita Hündin Yuki. Sie ist ein echtes Goldstück und ich liebe sie wirklich sehr, aber eine Frage beschäftigt mich zunehmend, da es inzwischen beim Spazierengehen sehr anstrengend wird. Vor allem interessiert mich, woran es liegen könnte, natürlich aber auch, wie ich das beschriebene Verhalten abstellen kann.

Yuki war schon als Welpe sehr neugierig, aber auch sehr unsicher. Wenn ich mit ihr spazieren gegangen bin, hat sie sich sehr häufig schnell von äußeren Gegebenheiten ablenken lassen und blieb oft wie hypnotisiert stehen, was auch heute noch der Fall ist. Insbesondere bei anderen Artgenossen war es schon von Anfang an schwierig, sie aus der Situation herauszuholen, weil sie so auf diese fixiert war. Leckereien und Spielzeug haben nur kurze Zeit bzw. bedingt zur Ablenkung funktioniert. Unsicherheit zeigte und zeigt sich auch heute noch hauptsächlich bei neuen Gegenständen. Sie kennt natürlich sowohl das häusliche Umfeld, als auch außerhalb des Hauses das Umfeld wie ihre Westentasche. Wenn sich dort ein neuer Gegenstand befindet, wird dieser angebellt, oder sie tritt den Rückzug an und zieht rückwärts an der Leine.

Außerhalb des Hauses können das Plastiktüten, Kartons oder ähnliches sein. Auf unserem Grundstück hat sie beispielsweise heute einen Plastiksack angebellt und den Kragen aufgestellt. Ich habe es bisher immer so gehandhabt, dass ich sie zu dem Gegenstand hingelockt habe, um ihr zu zeigen, dass er keine Gefahr bedeutet.

Die anderen Artgenossen haben sich für mich inzwischen zu einem Problem entwickelt. Ich muss an der Stelle dazu sagen, sie ist in keiner Weise aggressiv, im Gegenteil, mein Eindruck ist, dass sie sich einfach zu sehr über Artgenossen freut und sich in keiner Weise bremsen kann. Ich habe versucht, zu dem Verhalten, Meinungen im Internet zu finden, allerdings stoße ich dabei immer wieder auf aggressives Verhalten und das möchte ich bei Yuki eigentlich ausschließen. Um es genauer zu beschreiben, folgende Situationen:

Geht der andere Hund vor uns, zieht sie an der Leine, um schneller hinterherzukommen. Ist der Hund hinter uns, versucht sie mich dazu zu bewegen, stehenzubleiben, indem sie Futter einfordert, damit die Hunde näher kommen. Ich muss dazu sagen, dass wir leider das Problem haben, dass Yuki im Haus oft das Futter verweigert und wir sie deshalb außerhalb des Hauses füttern. Jegliches Futter, was wir probiert haben, wurde im Haus, wenn überhaupt, nur wenige Tage akzeptiert. Wir haben auf Anraten unserer Tierärztin begonnen, sie außerhalb des Hause aus dem Futterbeutel zu füttern. Vielleicht sollte ich auch an dieser Stelle erwähnen, dass Yuki im Durchschnitt 2,5 bis 3 Stunden raus kommt. Das heißt, wir gehen 3 mal am Tag mit ihr raus. Mein Mann ist berentet, ich gehe im Regelfall, außer ich habe frei oder Urlaub, meiner Arbeit nach. Das bedeutet, dass der erste Spaziergang schon sehr früh, zwischen 5 Uhr und 6:30 Uhr erfolgt. Mein Mann geht mittags mit ihr raus und ich dann wieder, wenn ich zu Hause bin, Abends zwischen 5 Uhr und 6 Uhr. Jetzt im Herbst/Winter bedeutet es oft Dunkelheit... ich kann also keinen Futterbeutel nutzen, da ich ihn nicht weit weg werfen kann und Yuki schnell die Freude daran verliert. Sie wird aus diesem Grund aus der Hand gefüttert, wenn wir draußen sind.

Es ist noch relativ einfach den Situationen mit anderen Artgenossen aus dem Weg zu gehen, wenn sich andere Hunde in weiterer Entfernung zu uns befinden. Dann entscheide ich mich oft für einen anderen Weg, weil es für mich stressfreier ist, obwohl vielleicht nicht richtig. Sie schaut dann den anderen Hunden oft nach und alle 2-3 Meter bleibt sie stehen und dreht sich um, aber nach Aufforderung, folgt sie mir, teilweise auch dadurch, dass ich die Leine nutze, um Ihre Aufmerksamkeit auf mich zu lenken und sie mit Kommandos wie „komm“ oder „hier“ dauerhaft auf mich versuche zu konzentrieren. Ich habe das Gefühl, dass sie sich bei kleinen Hunden besser ablenken bzw. kontrollieren lässt.

Wenn uns Hunde entgegen kommen, lasse ich sie sitzen und versuche sie mit Leckereien auf mich zu fixieren. Bei kleineren Hunden klappt es auch ganz oft sehr gut, leider aber nicht bei Hunden, die ebenso groß sind wie sie und vor allem gut kennt. In dem Fall bleibt sie zunächst sitzen, wenn dieser aber sehr nahe ist, kann ich sie kaum noch bremsen. Sie springt auf den Hund zu und begrüßt diesen, eher zu überschwänglich und ist dabei in meinen Augen zu freundlich. Sie bespringt die anderen Hunde und in dem Zusammenhang springt sie oft auch die Herrchen/Frauchen an. Es gibt natürlich Hunde, deren Besitzer uns von klein auf an kennen und auch ihre Macken kennen, sie tolerieren das Anspringen und versuchen es zu verhindern, was leider nicht immer klappt.

Heute hatten wir ein Erlebnis, was mich sehr nachdenklich gestimmt hat. Wir haben eine Hündin getroffen, die Yuki gut kennt, die auch sehr auf andere Hunde fixiert ist, aber aktuell läufig ist. Sie hat sich sehr über Yuki gefreut, aber Yuki hat dauerhaft versucht, auf sie drauf zu springen (vielleicht ist an der Stelle noch wichtig zu erwähnen, dass wir bei Yuki ein Geschirr nutzen, ein Halsband halte ich für nicht geeignet, da sie sich zweimal daraus rausgewunden hat, um zu anderen Hunden zu gelangen). Sie ist bildlich gesprochen über viele hundert Meter fast auf zwei Beinen gelaufen, konnte einfach keine Ruhe geben und hat Emma dauerhaft penetriert. Als wir endlich auf der Wiese angekommen sind, haben wir beide Hunde losgemacht und sie haben getobt. Nach kurzer Zeit war es Emma zu viel und sie hat Yuki abgewiesen und wollte aus der Situation raus. Obwohl sie Yuki sehr deutlich zu verstehen gegeben hat, dass sie keine Lust mehr auf Spielereien hat, hat Yuki keine Ruhe gegeben, sie hat quasi die Signale des anderen Hundes in meinen Augen ignoriert.

Ich kann mir vorstellen, dass es heute etwas anders war für Yuki, weil Emma läufig ist, aber das Verhalten ist mir bereits mehrfach aufgefallen. Anfänglich hat es sie abgeschreckt, wenn sie andere Hunde angebellt oder auch angeknurrt haben, dann war es einfach sie aus der Situation abzurufen und weiterzugehen, inzwischen ignoriert sie dies und versucht trotzdem Kontakt aufzunehmen. Ich habe anfänglich gedacht, dass ich mich den Situationen stellen muss, um das Problem zu lösen, obwohl es mir lieber gewesen wäre, dem aus dem Weg zu gehen. Nun bin ich froh, wenn wir niemandem begegnen, was sie und mich traurig macht, weil sie sich über Artgenossen freut. Wichtig ist vielleicht an dieser Stelle noch die Information, dass Yuki sehr auf mich fixiert ist. Ich habe von Anfang an ganz viel mit ihr gearbeitet, es hat sehr lange gedauert, um sie stubenrein zu bekommen. Und wenn wir allein auf weiter Flur unterwegs sind, haben wir auch kein Problem an der Leine. Im Gegenteil, es ist total entspannt. Sie hört aufs Wort und zieht nicht an der Leine. Grundkommandos wie „Sitz“ „Platz“, „komm“, „bleib“ sind kein Problem, wenn wir zu Hause oder draußen allein sind.

Ich möchte sie so gerne regelmäßig frei laufen lassen, damit sie ausgepowert ist, aber da uns sehr häufig andere Hunde begegnen, traue ich mich das nicht, da ich die Befürchtung und auch bereits die Erfahrung gemacht habe, dass sie auf weitere Entfernung mein Kommando ignoriert und denen nachjagt. Dazu kommt, dass sie, wahrscheinlich rassebedingt einen ausgeprägten Jagdtrieb hat. Kaninchen, Vögel und auch Katzen, ebenso wie Eichhörnchen sind immer wieder spannend, auch die vielen Igel in der Dämmerung haben in den vergangenen Wochen Yukis Interesse geweckt.

Ich liebe unseren Hund sehr und würde mir sehr wünschen, zu verstehen, was in ihr vorgeht. Ich möchte sie glücklich machen und eine entspannten Hund zu Hause haben. Ich habe versucht mich zu belesen, allerdings habe ich immer nur Infos dazu gefunden, wenn sich Hunde aggressiv gegenüber Artgenossen verhalten. Nach meiner Einschätzung, die vielleicht nicht richtig ist, ich lasse mich gern eines besseren belehren, ist hier eher die Freude gegenüber Artgenossen ein Problem.

Ich hoffe und wünsche mir, dass ich verständlich erklären konnte, was mein Problem mit Yuki ist und freue mich auf Ihre Antwort.

Vielen Dank vorab und viele Grüße N. Schneider
1 Antwort
Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 20.11.2020
Hallo N. Schneider,
wie viele Hundebesitzer haben Sie mir jetzt eine wirklich große Menge geschrieben, was Ihr Hund tut. Das Wichtigste, was SIE in den Momenten tun, haben Sie leider vergessen. Aber aus dem Wenigen kann ich mir schon ein Bild machen.
Ihre Yuki hat Sie ganz einfach voll im Griff. Das geht schon mit dem Futter los. Es ist wahrscheinlich der alte Kreislauf: Der Hund will mal nicht fressen, Frauchen versucht zu überreden, was natürlich keinen Erfolg hat. Frauchen kauft ein anderes Futter, Frauchen kocht, der Hund frisst immer weniger. Es ist bei Menschen, denke ich, ähnlich. Wenn man sich ununterbrochen zu etwas gedrängt fühlt, verliert man die Lust daran.
Dass die Hündin mit wieder Appetit fressen kann, bekommen Sie nur hin, indem Sie die nächste Zeit hart bleiben. Stellen Sie 2x am Tag Futter hin, was in einer halben Stunde nicht gefressen ist, kommt weg. Beobachten Sie die Hündin nicht, stellen Sie das Futter hin und gehen weg. Keine Angst, kein gesunder Hund verhungert freiwillig. Dass die Hündin gesund ist, davon gehe ich aus.
Damit die Hündin sich nicht mehr gegenüber anderen Hunden so benimmt sollten Sie sie NIE bei diesem Benehmen zu Hunden lassen. Üben Sie deswegen im Beisein anderer Hunde mit ihr. Gehen Sie von den Hunden weg, drehen Yuki KOMMENTARLOS! den Rücken zu und gehen so lange, bis sie sich beruhigt hat. Bringen Sie ihr Disziplin bei, daran fehlt es ganz offensichtlich. Die Hündin nimmt Sie nicht ernst.
Üben Sie mit Schleppleine in Gegenwart anderer Hunde.
Reden Sie nicht viel mit ihr. Zuviel reden bringt Hunde dazu, dann nicht mehr hin zu hören. Es wirkt dann wie eine Kuhglocke.
Lassen Sie sich NIE von der Hündin trainieren, sei es zum Streicheln, zum Spielen oder zum Füttern.
Fangen Sie ganz einfach an, selbst das Ruder zu nehmen und es nicht der Hündin zu überlassen.

Viel Erfolg..
Ellen Mayer
www.lesloups.de
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