Angst beim Anziehen des Geschirrs

Angst ❯ Vor Gegenständen / Geräuschen
Me G. schrieb am 18.05.2020
Moin zusammen,
unser anderthalbjähriger Rüde Leo (Mischling) ist ein Tierschutzhund, den wir seit ca. einem halben Jahr bei uns haben. Leo ist insgesamt ein etwas ängstlicher Hund, gerade vor Menschen, die plötzlich unbekannte Bewegungen machen oder auch vor Knall-Geräusche (Silvester oder knatterne Motorräder). Nach relativ kurzer Zeit haben wir bei Leo die Angst vor seinem Geschirr bemerkt: Sobald man das Geschirr in der Hand hatte, ist er weggelaufen, hat sich verkrochen oder auf den Rücken gelegt. Nach dem Anziehen (der Kopf muss durch die Schlaufe, das scheint sein größtes Problem zu sein), blieb er erstarrt stehen und hat sich dann erst nach ein paar Sekunden wieder bewegt, schüttelt sich dann immer. Wir haben es dann mit einem neuen Geschirr versucht, dass wir positiv geklickert haben. Leider ging das alte dann kaputt, so dass wir das neue dann -ohne den Prozess fertig geklickert zu haben (wir hatten Leo soweit, dass er die Schnauze durch die Schlaufe gesteckt hat)-anziehen mussten. Inzwischen erstarrt Leo nicht mehr, nachdem wir ihm das Geschirr angezogen haben, das zumindest hat sich verbessert. Wir versuchen das Ganze immer so behutsam wie möglich zu machen, reden ruhig mit ihm und zerren ihn nie irgendwo hervor. Aber trotzdem würden wir ihm so gerne die Angst davor nehmen (die Rute hängt immer so auf Halbmast, er klemmt sie nicht ein, aber die Ohren liegen immer an), die positive Belohnung nach dem Anziehen hilft auch nicht. Beim Halsband ist es übrigens ähnlich...gibt es noch Möglichkeiten, die wir versuchen können ?
2 Antworten
Männi1
schrieb am 22.05.2020
Huhu,
Ich bin "Laie", kein Experte :-)
Bei meiner Auslandshündin war es ganz ähnlich - Halsband und Leine waren ein Gräuel für sie. Allerdings bezog sich das auch auf draußen, wo, wenn man es dann geschafft hatte, es überhaupt anzuziehen, sich dann auf offener Straße hingeschmissen, gezappelt und das Geschirr abzukratzen versucht wurde.

2 Fakten: Ja, das "Zeug" ist ungewohnt und engt erstmal ein. Auch das damit verbundene an der Leine gehen, spüren von Druck und Gegendruck, löst für viele, die das nie kannten, Angst aus.
Aber, wenn wir mal ehrlich sind: Wir tun dem Hund damit rein gar nichts "an", wir verletzen ihn auch nicht (wenn wir nicht wie verrückt an dem Tier zerren). Und ein wesentlicher Aspekt ist die Sicherung, teils doppelt, bei einem Auslandshund!!!
Ich erinnere mich an das erste Polizei Auto mit Sirene, dass mir trotz doppelter Sicherung alles abverlangte, um meine 40 kg da unten dran sicher zu halten?

Sprich: warum versucht ihr es nicht mit etwas "umgekehrter" Psychologie?

Ich habe mir anfangs gesagt: Es ist, wie es ist, du lebst jetzt hier. Ich habe die Verantwortung für dich, du musst das Ding tragen, damit es dir gut geht, du geschützt bist und nicht überfahren werden kannst. Sich auf das Positive konzentrieren, simple as that!

Ich bin (und das ist echt schwer!) Emotionslos an die Sache gegangen. Kein Mitleid, kein zureden WÄHREND der Vorbereitung zum Gassi. Pragmatische Handhabung, schnell die unliebsame Sache vorbei sein lassen und das nicht zum Fokus des Spaziergangs werden lassen. Freut euch innerlich über diesen tollen Hund, sagt euch, was er schon alles mit euch geschafft und gemeistert habt und seit euch sicher, irgendwann ist das Geschirr anziehen Routine.

Nach dem Anlegen habe ich mich überschwenglich mit meiner Hündin gefreut, es gab das Super Leckerlie, einen kleinen Tanz durch die Wohnung, folgende Entspannung im Flur, absitzen, durchatmen, Leine dran und raus in die Welt.

Draußen bei Gegenwehr habe ich IMMER mit der Nase des Hundes gearbeitet... was bitte ist effektiver als ein stinkendes Stück Käse zum Motivieren!?? Zur Not tuts auch Fleischwurst.

Auf keinen Fall aber Leinenruck, direktes Bei Fuß (am besten innerhalb der ersten 2 wochen perfektioniert ?) und Druck und Zwang...

Ich habe das Druckgefühl mit Schleppleine gelöst und meine Hündin auf Worte wie Stop und Warte konditioniert. Schnalzen hieß bspw dass die Leine gleich ihr "Ende" hat. Schnell hat sie gelernt, Schnalzen = Ruck folgt, weil ich weiter laufe. Somit konnte sie entscheiden, laufe ich gegen den Druck oder orientiere ich mich am Menschen!? Dies nur als kleines Beispiel. Es ist so vieles möglich.

Macht euch nicht verrückt mit "Kleinigkeiten", 6 Monate ist für einen TS Hund gar nichts! Arbeitet weiter an eurer Bindung, seit konsequent aber liebevoll, ohne ständiges Mitleid. Vieles geht schnell und leicht vorbei, wenn man nicht seinen Fokus darauf lenkt.
Liebe Grüße ?
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Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 12.07.2020
Hallo,
lassen Sie einfach mal das Beruhigen und das Zögerliche. Das macht Hunde, vor allem ängstliche Hunde, oft misstrauisch und dadurch noch ängstlicher. Nehmen Sie das Geschirr ohne Getue und Gerede und ziehen es ihm an. Fertig.

Viel Erfolg..
Ellen Mayer
www.lesloups.de
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