Mein neuer Hund ist der Boss

Mangelnder Gehorsam ❯ Grunderziehung
Clemens P. schrieb am 10.02.2018
Hallo liebe Hundetrainer,

Vor ca. 2 Jahren ist bei uns eine kleine Jack Russel Hündin eingezogen. Wir haben sie als kleinen Welpen mit 10 Wochen bekommen. Sie ist im Grunde das was man einen perfekten Hund nennt. Sie ist gehorsam, kuschelt viel mit uns und tobt gerne mit anderen Hunden. Wir können uns überhaupt nicht über sie beschweren. Vor drei Wochen haben wir uns dann einen 8 Monate alten Jack Russel Rüden geholt. Ein Zweithund war schon lange geplant und nun ist der Wunsch endlich in Erfüllung gegangen. Leider hängt seit dem auch der Haussegen schief. Der kleine ist ein absoluter Macho und macht nur dass was er will. Gassi gehen ist mit ihm jedes mal ein Akt, da er wenn er nicht will absolut nicht mitkommt. Man kann ihn ignorieren, gut zu reden, ihn hinterher ziehen oder mit Leckerlis locken. Nichts funktioniert. Er hängt sich selber jedes mal so stark ins Halsband sodass er keine Luft mehr bekommt. Wir sind deshalb auch relativ schnell auf ein Geschirr umgestiegen aber mit dem hat er noch mehr Kraft sich voll rein zu hängen. Für Wege die man normal in 10 Minuten zurück legt benötigen wir aktuell mit ihm 40 Minuten oder mehr und zu dem bleibt er auch unvermittelt z.B. mitten auf der Straße stehen. Wir wohnen in der Innenstadt und das plötzliche Stehenbleiben auf der der Straße birgt enorme Risiken. Seit ungefähr einer Woche kommt noch eine weitere Unart hinzu. Er pinkelt ständig in die Wohnung aber nur wenn wir da sind und dann in unmittelbarer Nähe zu uns. Ich vermute dabei Protest. Er will anscheinend unsere Aufmerksamkeit und die bekommt er auch da wir mit ihm schimpfen. Dann ist da noch das Thema Futter. Wenn man an ihm vorbei gehen möchte wenn er frisst oder in seiner Nähe steht zeigt er die Zähne und fängt heftig an zu knurren. Ansonsten ist er eigentlich ein aufgewecktes freundliches Kerlchen der viel kuschelt und uns auch zumindest in der Wohnung viel Freude bereitet. Nur so lange er sich nicht benimmt wenn es um das Thema pinkeln und Gassi gehen geht, können wir ihn auch nicht mit zur Arbeit nehmen. Auch unser erster Hund leidet aktuell ganz schön, da natürlich unser Neuzugang 99% der Aufmerksamkeit für sich beansprucht. So kann es einfach nicht weiter gehen. Ich wäre sehr glücklich darüber ein paar Tipps zu bekommen.

Vielen Dank.
5 Antworten
Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 11.02.2018
Hallo,
Sie schreiben, dass der neue Hund 99% der Aufmerksamkeit für sich beansprucht. Wenn er die auch erhält, hat er ja genau das, was er sich wünscht und ist auch weiterhin der Boss. Auch schimpfen, "Aus"; "Nein" und Ähnliches bedeutet für einen Hund Aufmerksamkeit.
Sehr wichtig sind in diesem Fall Grenzen. Sie schreiben, dass er viel kuschelt und gehe davon aus, dass er dazu zu Ihnen auf Sofa oder Bett kommt und Streicheleinheiten einfordert. Wenn Sie darauf eingehen, hat er Sie erstens sehr gut trainiert und zweitens Ihnen gezeigt, dass es sein Sofa ist. Wenn er also von sich aus aufs Sofa springt, schieben Sie ihn kommentarlos weg und zwar JEDESMAL. Es ist sicher mit ein oder zwei Mal nicht getan.
Achten Sie darauf, NIE auf Forderungen des Hundes einzugehen, ignorieren Sie ihn dann. Auch das ist nicht mit ein bis zwei Mal getan.
Führen Sie beim Füttern Rituale ein.Lassen Sie ihn sitzen, stellen das Futter hin und er darf erst auf Kommando hin. Was nach 15 Minuten nicht gefressen ist, kommt wieder weg.
Beim Spazieren gehen drehen Sie ihm den Rücken zu, lassen Spannung auf der Leine und bleiben solange stehen, bis er Ihnen folgt. Bitte auch da nicht reden, nicht locken oder schimpfen. Arbeiten Sie an der Leinenführigkeit, lassen Sie sich NIE von dem Hund wohin ziehen. SIE führen, der Hund hat zu folgen.
Die Erziehung eines Hundes, der schon verschiedene, nicht gewollte Muster entwickelt hat, erfordert eine Menge Geduld.

Viel Erfolg..
Ellen Mayer
www.lesloups.de
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Clemens P. | Fragesteller/in
schrieb am 11.02.2018
Hallo Frau Mayer,

Vielen lieben dank für Ihre Ratschläge. Ich habe noch eine Frage zur Fütterung. Sie raten mir ihn in Sitz zu nehmen und erst auf Kommando zu fressen. Das haben wir auch gerade geübt. Geht dadurch auch dieses Aggressivität weg wenn man ihn zu nah kommt beim Fressen? Das Problem ist einfach, dass er nicht nur knurrt sondern auch nach einem schnappt. Im Moment lassen wir ihn hinter einem Babygitter fressen weil man echt Angst bekommt wenn er so ausrastet. Das soll natürlich kein Dauerzustand sein.

Vielen Dank und viele Grüße.
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Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 12.02.2018
Bitte schildern Sie solch eine Situation etwas genauer, vor allem Ihre Reaktion darauf.

Auf Ihre Antwort freut sich
Ellen Mayer
www.lesloups.de
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Clemens P. | Fragesteller/in
schrieb am 12.02.2018
Man muss an ihm vorbei gehen um von der Küche aus ins Wohnzimmer gehen. Mein normaler Gang mit meiner ersten ist füttern und dann setze ich mich aufs Sofa und lass sie in Ruhe fressen. Bei meinem Neuzugang wollte ich das genau so machen. Wann man sich schon nähert also noch nicht mal wenn man hinter ihm steht fängt er heftig an zu Knurren und zeigt die Zähne. Wenn man dann auf seine Drohung nicht reagiert unterbricht er das fressen dreht sich rum und versucht nach einem zu schnappen. Da diese Situation bisher nur 2 mal vorkam da ich mich gar nicht mehr traue ihm beim füttern zu stören war meine bisherige Reaktion einfach nur in anzuschreien damit er nicht näher kommt und dann weg zu gehen. Sicher auch nicht der beste Weg aber ich bin damit überfordert da ich so ein Verhalten bis her nicht von meinen Hunden kannte. Sobald er fertig ist mit fressen wird bei ihm im Kopf wie ein Schalter umgelegt und er ist fröhlich am hüpfen. Ich hoffe ich konnte die Situation ein bisschen besser erklären.
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Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 12.02.2018
Hallo,
man weiß jetzt nicht, was er erlebt hat, dass er meint, sein Futter verteidigen zu müssen. Haben Sie schon versucht, ihn aus der Hand zu füttern? Dadurch lernt er, dass er das Futter von Ihnen bekommt und Sie es ihm nicht weg nehmen.
Schreien ist, wie Sie richtig bemerkt haben, der falsche Weg. Genauso, wie wir Menschen jemanden, der schreit, nicht ernst nehmen, tun es Hunde auch nicht. Man sollte, gerade bei überforderten, ängstlichen und aufgeregten Hunden, immer ruhig und souverän handeln. Man ist kein ernstzunehmender Boss, wenn man rumschreit. Das zeigt Mensch und Hund Hilflosigkeit, ändert aber kein Fehlverhalten

Liebe Grüße
Ellen Mayer
www.lesloups.de
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