Warum bellt mein Hund kleine Kinder an? Was kann ich dagegen tun?

Aggressivität
Anja Z. schrieb am 14.12.2015
In unserer Familie gibt es keine kleinen Kinder mehr. Begegnet mein Hund Kindern, bellt er sie drohend an. Meistens erschrecken die Kinder, benehmen sich dementsprechend, was meinen Hund animiert, noch gefährlicher zu klingen. Ich verlasse mit ihm dann immer die Situation oder den Raum, da ich nicht riskieren möchte, dass er ein Kind vielleicht beisst. Dieses Bellen beginnt schon in größerer Entfernung. Die Kinder fassen ihn also nicht an. Im Grundstück reicht es schon, wenn Kinder am Zaun vorbei laufen und sich dabei unterhalten. Mein Hund hört ansonsten gut auf seine Kommandos, nur in so einer Situation ist scheinbar alles vergessen.

Könnte folgendes Erlebnis zu diesem Verhalten geführt haben :
Als mein Hund noch Welpe war, fragte mich eine Freundin mit einem kleinen vierjährigen Kind, ob sie einmal allein mit ihm spazieren gehen dürften. Ich erlaubte es und bat darum, den Hund angeleint zu lassen, da er damals noch sehr ungestüm war und ohne Leine Personen immer anzuspringen versuchte. Sie hörte leider nicht darauf, löste die Leine und der Hund tobte los und sprang an ihrem kleinen Kind hoch, welches sich sehr erschreckte und laut zu weinen anfing.

Da ich dieses Verhaltensmuster nicht durchbrechen kann, habe ich den Eindruck, dass er immer aggressiver auf kleine Kinder reagiert. Haben die Kinder ein Alter von ca 10 Jahren erreicht, werden sie wieder uninteressant für ihn.
1 Antwort
Gabriele Holz | Hundetrainer/in
schrieb am 15.12.2015
Guten Morgen,

ob die von Ihnen geschilderte Situation zu dem jetzigen Verhalten geführt hat, ist so nicht zu beantworten. Es kommt darauf an, wie Ihre Freundin diese Situation danach gemeistert hat. Für Ihr Training ist dies aber auch zweitrangig.

Kinder bewegen sich anders als Erwachsene, sie rennen, sie sind unkoordiniert, sie "lärmen". Das ist alles nicht negativ zu bewerten, jedoch eben anders als Erwachsene dies tun.

Das macht Ihrem Hund Angst und überfordert ihn. Durch das Bellen, möchte er diese "Gefahr" abwenden, bzw. er fordert Distanz ein. Diese bekommt er auch durch sein Verhalten. Entweder weichen die Kinder zurück, hören auf zu rennen oder Sie ziehen den Hund zurück. Verständlicherweise, aber dadurch lernt Ihr Hund, dass er mit seiner Strategie Erfolg hat.

Ich würde in Ihrer Situation zweigleisig fahren. Selbstverständlich ist Ihr Hund in der Nähe von Kindern an der Leine, die Sie jedoch nur dazu benutzen, ihn zu halten. Über die Leine wird ansonsten nicht agiert oder kommuniziert.

Kommen Kinder in die Nähe, bzw. nimmt Ihr Hund die Kinder wahr, dann wird er belohnt, solange er noch ruhig ist. Dies können Sie z.B. mit Clickertraining oder mit Markerwort machen. Belohnen Sie dann Ihren Hund damit, die Distanz zu vergrößern. Ihr Hund lernt dann, das Ruhigbleiben zur Distanzvergrößerung führt. In dem Moment, in dem er anfängt zu bellen, darf die Distanz nicht mehr vergrößert werden, erst wenn er wieder ansprechbar ist. Da dies mit fremden Kindern schwer zu trainieren ist, würde ich Bekannte hier um Hilfe fragen.
Bringen Sie Ihrem Hund das 10-Leckerchen-Spiel bei. Das wird ihm in diesen Situationen Halt geben. Eine Anleitung füge ich Ihnen im Anschluss bei.

Um Ihrem Hund aber beizubringen, dass spielende Kinder ganz normal sind, suchen Sie sich bitte einen Kinderspielplatz aus, NEBEN dem Sie trainieren können. Beginnen Sie in ausreichender Distanz. Spielen Sie mit Ihrem Hund, Ball, Suchspiele, Zerrspiele, egal was, es sollte Ihrem Hund aber Spaß machen. Vergessen Sie in diesem Momenten alle "Befehle". Haben Sie einfach nur Spaß. Hunde lernen interdisziplinär. Sie beziehen die gesamte Umwelt (olfaktorisch (geruchlich), visuell und auditiv (geräuschlich) mit ein. Ihr Hund lernt also, dass spielenden Kinder eigentlich etwas nettes sind, da dann mit ihm gespielt wird.

Border Collies sind sehr lernwillige und intelligente Tiere, daher werden Sie das Problem sicherlich schnell im Griff haben.

Herzlichst
Ihre Gabriele Holz
www.wolf-inside.de

Mit dem 10-Leckerchen-Spiel lernt der Hund in den unterschiedlichsten Situationen gelassener auf Umweltreize zu reagieren.
Wie funktioniert’s?
Sie brauchen eine Schüssel oder einen Beutel mit Leckerchen und einen Clicker. Sie setzen oder stellen sich hin und zeigen Ihrem Hund die Leckerchen (die sollten natürlich auch tatsächlich lecker sein). Dann fangen Sie ganz langsam an zu zählen: „Eins“ und nachdem Sie das ausgesprochen haben, greifen Sie langsam mit einer Hand in den Leckerchenbeutel, nehmen ein Leckerchen raus und legen es demonstrativ in die andere Hand. Jetzt zählen Sie „Zwei“, greifen wieder in den Leckerchenbeutel und legen das zweite Leckerchen in die Hand, dann zählst Sie „Drei“ usw. Achten Sie auf die Reihenfolge: zuerst wird die Zahl genannt, dann wird in den Leckerchenbeutel gegriffen.
Fressorgie
Hat der Hund ruhig abgewartet, bis bis Zehn gezählt wurde, dann hat er sich die Leckerchen wirklich verdient. Sie clickern oder loben und werfen das erste Leckerchen auf den Boden. Der Hund wendet sich von Ihnen ab, um das Leckerchen zu holen. Sie warten, dass er anschließend wieder Blickkontakt zu Ihnen aufnimmt, clickern und werfen das nächste Leckerchen. Das setzen Sie solange fort, bis alle zehn Leckerchen verfüttert sind. Die Dauer der Leckerchengabe sollte so lange sein, wie das Anzählen.
Schade – so nicht
Fängt der Hund an zu bellen, zu winseln oder hochzuspringen oder bedrängt Sie sonst irgendwie, sagen Sie „Schade“ und legen die Leckerchen wieder zurück in den Beutel. Danach warten Sie etwa 10 Sekunden, dann beginnt das Spiel wieder von vorne.
Den Hund bei der Stange halten
Die wenigsten Hund werden anfangs tatsächlich bis Zehn ruhig warten können. Wenn nun jedes Mal die Leckerchen wieder zurück in den Beutel wandern, verliert der Hund sehr schnell die Lust am Spiel Achten Sie deshalb darauf, bei welcher Zahl es Ihr Hund nicht mehr aushalten konnte. Hat er z.B. kurz vor der Zahl Vier angefangen, ungeduldig zu werden, dann zählen Sie beim nächsten Mal nur bis Drei und verteilen dann die Leckerchen. So merkt Ihr Hund, dass es sich lohnt, ruhig abzuwarten. Auch in den nächsten Durchgängen zählen Sie erst einmal nur bis Drei, so dass Ihr Hund immer die Leckerchen bekommt. Dann kann die Anforderung langsam wieder gesteigert werden.
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