Aggressivität aufgrund von Eifersucht?

Aggressivität ❯ Gegenüber Menschen
Luna91 schrieb am 30.07.2014
Es geht um einen Hund aus dem Tierheim den ich regelmäßig bzw. fast jeden Tag ausführe. Er stammt ursprünglich aus einem Tierheim in Rumänien und hat vermutlich zuvor als Straßenhund gelebt. Eigentlich ist er Menschen gegenüber überaus freundlich und verschmust, man kann eigentlich nichts negatives über ihn berichten, außer dass er gegenüber anderen Hunden futterneidisch ist und es auch nicht gerne duldet, wenn ich andere Hunde mehr beachte als ihn. In diesen Fällen knurrt er den anderen Hund oft an oder drängt sich zwischen ihn und mich.

Er saß zuletzt mit einer Hündin im Außenzwinger. Seitdem sie weg ist, streichle ich ihn oft noch nach dem Spaziergang.

Der Zwischenfall ereignete sich gestern, als ich bei ihm in seinem Zwinger auf der Decke saß und ihn streichelte. Denn dann kam noch mein Kumpel hinzu mit dem ich öfter zusammen die Hunde ausführe (den er also kennt und der das eine oder andere Mal auch schon mit ihm spazieren war).

Als er zur Tür herein kam, da rannte er direkt zu ihm und ist ihm nicht mehr von der Seite gewichen und interessierte sich plötzlich weniger für mich. Er ist auch die ganze Zeit vor ihm herum gesprungen, so dass ich zunächst dachte, er würde einfach ein Leckerchen haben wollen (der Hund ist sehr sehr verfressen). Als sich mein Freund dann in einiger Entfernung zu mir setzte (ich saß auf seiner Hundedecke), setzte er sich auch direkt neben ihn und nicht neben mich. Das fand ich schon etwas merkwürdig, da ich eigentlich seine "Bezugsperson" bin. Aber da er sich gerne von ihm streicheln ließ und entspannt wirkte, habe ich mir nichts weiter dabei gedacht.

Nach einer Weile rückte dann auch zu dem Hund und lehnte mich an ihn (wir kuscheln immer). und streichelte seinen Kopf. Als mein Freund dann seinen Rücken streicheln wollte und gerade seine Hand dort hin bewegte, rastete der Hund plötzlich aus und schnappte nach ihm und selbst als mein Freund dann aufsprang und zurückwich, schnappte er weiter knurrend nach ihm. Ich konnte ihn dann zurückrufen und im nächsten Moment war er wieder ruhig, aber suchte weiter die Nähe zu meinem Freund. Selbst als wir gingen fixierte er ihn die ganze Zeit als wir an seinem Zwinger entlang zurück gingen (normalerweise streckt er die Schnauze durch die Gitterstäbe und "verabschiedet" sich von mir)

War das ein Art Eifersuchtsanfall, weil ich an den Hund gelehnt war (also eng an seinem Körper) und er dachte mein Freund wolle mich berühren? Weil wenn das so wäre, warum ließ er sich dann zuvor so gerne von ihm streicheln und ist eher zu ihm als zu mir hin?

Mein erster Gedanke war in dem Moment, dass der Hund vielleicht überfordert oder bedrängt war. Aber in diesem Falle hätte er eher mich beißen müssen, da ich ihn ja mehr eingeengt habe und meine Kopf nur wenige Zentimeter von seinem entfernt war. Also mich hätte er als erstes erwischt, wenn er gewollt hätte.

Aber die Aggressionen richteten sich auf einmal komplett gegen meinen Freund.

Ich bin jetzt etwas überfragt und erschrocken, weil ich ihm so etwas nie was zugetraut hätte und da ich möchte, dass er so etwas nicht in seiner neuen Familie macht, würde ich gerne wissen, was die Ursache ist und wie ich das in Zukunft vermeiden kann.

Ich hoffe, jemand weiß Rat.

Vielen Dank schon mal!
3 Antworten
Andrea Winter | Hundetrainer/in
schrieb am 31.07.2014
Mein Gefühl aus der Ferne und ohne die Situation gesehen zu haben: Der Beschreibung nach hat der Hund seit Betreten des Zwingers der zweiten Person versucht, diese Person (also Ihren Freund) von Ihnen fern zu halten. Dies tun Hunde zum Teil sehr subtil (indem sie sich an die Menschen lehnen und für manche den Eindruck erwecken, dass sie Streicheleinheiten möchten) manche zeigen das Wegdrängen aber auch deutlich. So lange nun also Ihr Freund nicht in Ihrer Nähe war, war alles prima. Als Sie dann aber in der Nähe waren, musste der Hund aus seiner Sicht handeln und die vermeintliche Bedrohung von Ihnen fern halten.
Wenn dieser Hund vermittelt wird, sollte man die Menschen darauf hinweisen, dass sie sich einen guten Trainer suchen sollten, der sie eine Zeit lang bei der Eingewöhnung begleiten kann. Außerdem sollte man die neuen Halter bitte darauf hinweisen, dass der Hund ein recht ordentliches Maß an Schutztrieb hat, der zu beachten und unter Kontrolle zu halten ist.
Dieser Hund muss eine ruhige, klare, deutliche und liebevolle Führung haben und sollte - wenn möglich - keine Chance haben, seine Aufgaben selbst zu entscheiden.
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Luna91 | Fragesteller/in
schrieb am 10.12.2014
Seit ca. 1,5 Monaten lebt der Hund nun bei mir, ich habe ihn adoptiert. Er hatte keine großen Vermittlungschancen im Tierheim, nicht zuletzt weil sich die Schnappvorfälle gegenüber Menschen (ausschließlich Männern) häuften. Zunächst dachte ich, wie Sie sagten, es sei tatsächlich eine Art Schutztrieb, denn die Vorfälle kamen meist immer mit mir und einer zweiten Person vor und immer wenn der Hund lag und wir neben ihm saßen. Seitdem er nun jedoch bei uns lebt, scheint es sich nicht zu bestätigen. Leider hat er nämlich auch nach meinen Eltern geschnappt, auch nach meiner Mutter und da war ich zum Beispiel gar nicht da. Er hat sich auf den Rücken gedreht und sie hat ihn gestreichelt. Sie wollte aber gerade gehen und griff nach hinten um ihre Schuhe aufzuheben und da passierte es. Da er allgemein sehr misstrauisch auf manche Gegenstände reagiert, nehme ich an, dass er vielleicht in Rumänien schlechte Erfahrungen gemacht hat und er daher auch nach meiner Mutter geschnappt hat. Da die anderen Vorfälle sich mit Männern ereigneten und mir aufgefallen ist, dass er den Kopf wegzieht, wenn fremde Männer ihn streicheln wollen, kann es gut sein, dass er ein Problem mit Männern hat.
Ich gehe seit kurzem mit ihm in die Hundeschule, jedoch weiß diese auch nicht genau, da sie bei den Situationen nicht dabei waren, was zu tun ist und raten erst einmal den Hund ankommen zu lassen und dass er es vielleicht ablegen wird, wenn er merkt, dass ihm nichts passiert. Allgemein haben wir dort nun erstmal mit Leinenführigkeit und Gehorsam angefangen, was eigentlich alles sehr gut klappt. Ich hatte ihm schon vorher einiges beigebracht und er lernt sehr schnell.
Das Problem was jedoch hinzukommt ist, dass er offensichtlich auch sehr dominant ist. In den ersten beiden Wochen hat er sowohl bei meinem Eltern und auch bei mir versucht, ebenfalls durch Schnappen, die Rangordnung neu zu klären, wie es scheint. Dieses Schnappen ist jedoch ein anderes. Es ist nicht dieses massive auf die Person mit Knurren losgehen, sondern nur ein kurzes Schnappen nach der Hand, also ein Maßregeln. Bei mir hat er es das erste Mal gemacht, als er auf seinem Bett saß und ich es an den Ecken glattstreichen wollte. Offensichtlich hat es ihn gestört und er hat direkt einmal nach der Hand geschnappt. Zuvor hatte er noch nie nach mir geschnappt. Ich habe ihn daraufhin zurückgezwickt in die Seite, laut geschimpft und ihm sein Bett weggenommen, daraufhin wurde er dann ganz klein, fast schon ängstlich. Man muss dazu sagen, er reagiert sowieso sehr empfindlich wenn man die Stimme erhebt. Ich habe das Gefühl er denkt immer es könnte jetzt was ganz schlimmes passieren.
Ich habe ihn nach dieser Aktion einen ganzen Tag lang komplett ignoriert, was er sehr schlimm fand und versucht hat Aufmerksamkeit zu bekommen. Das schien er aber irgenwie begriffen zu haben, denn danach ist nichts mehr passiert.
Jetzt hat sich gestern das ganze jedoch wiederholt. Ich hatte eine Magendarmgrippe und war sehr geschwächt, meine Eltern mussten mit dem Hund gehen. Er durfte bei mir oben im Zimmer schlafen, normalerweise muss er unten liegen.
Er hatte Futterreste unterm Kinn und ich wollte sie wegwischen und schon schnappt er ohne Vorwarnung. Ich vermute, er hat irgenwie meine Schwäche bemerkt und promt ausgenutzt. Jetzt geht das ganze Ignorieren wieder los...
Meine eigentliche Frage, nach diesen langen Schilderungen ist, ob Sie einen Tipp haben, wie ich mich nun verhalten muss oder auch verhalten muss, kurz nachdem er geschnappt hat? Vielleicht ist Ignorieren ja nicht die richtige Lösung? Ich habe mich auch schon an das rumänische Tierheim gewandt um etwas über seine Vergangenheit zu erfahren und vielleicht Rückschlüsse zu ziehen, warum er so schnell nach Menschen schnappt, während er sich gegenüber Hunden viel sozialer verhält und auch warnt, wenn ihm etwas nicht passt. Leider konnte mit niemand etwas sagen...
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Andrea Winter | Hundetrainer/in
schrieb am 10.12.2014
ich würde als erstes dazu tendieren, nichts, aber auch gar nichts, ausnahmsweise zu erlauben. Wenn er nicht oben schlafen darf, dann darf er das nie. Lassen Sie ihn zu Hause mit einer Hausleine laufen (ein ca.1 Meter langes Stück Kordel ohne Schlaufe am Halsband oder am Geschirr befestigt), so dass sie ihn aus Situationen herausführen können, ohne ihn selbst anfassen zu müssen. Parallel holen Sie sich bitte einen Trainer nach Hause, der Ihren Alltag mit Hund einmal beobachtet und ggf. das Zusammenleben zu Hause korrigieren kann. Trainieren Sie mit ihm einen Maulkorb an, so dass Sie ggf. Situationen herbeiführen können, in denen er reagiert, ohne dass Ihnen oder jemand anders etwas passieren kann. Alles weitere muss ein Profi vor Ort machen, aus der Entfernung ist hier nicht weiter zu helfen. Sorry und alles Gute
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