Rüde nach Bissverletzung zunehmend aggressiv ggü. anderen Rüden

Aggressivität ❯ Gegenüber anderen Hunden
katrin n. schrieb am 17.12.2014
Mein 1,5 Jahre alter Rüde wurde vor etwa 6 Monaten von einem Pitbull fast totgebissen. Seitdem bemerke ich, dass ich immer unsicherer im Umgang mit anderen großen (vor allem unkastrierten) Rüden werde. Ich habe Angst, dass das noch einmal passiert oder mein Hund einen anderen stark verletzt. Seit einiger Zeit reagiert mein Rüde (sicherlich auch aufgrund meiner steigenden Unsicherheit und Aggressivität) anderen Rüden (unkastrierten) gegenüber schnell mal "über". Zumindest wirkt das für mich so. Er wirkt im Hundekontakt mit anderen Rüden schnell sehr steif, noch angespannter als eine franz. Bulldogge sicher eh schon für viele Hunde wirkt. Er schreitet ein, stellt sich dazwischen, wirkt total unentspannt, erhebt Anspruch auf Das Spielzeug der anderen oder den Hundehalter des anderen Hundes (dieses Verhalten hatte sich eigentlich schon gelegt). Mein Hund beisst jetzt auch noch zunehmend schnell mal zu, ganz plötzlich wird aus Schnuppern gleich ein Beissen, er reagiert über, noch bevor sich die Hunde austauschen und in Ruhe beschnuppern können. Leider reagiere ich dann auch sehr aggressiv, versuche sofort aggressiv dazwischenzugehen, ihn bzw. den anderen Hund zu retten. Ich kenne diese Seite an mir nicht - das ist nicht schön, dass ich ihm ggü. so böse und wütend auf ihn werde. Aber ich habe einfach so große Angst, ihn zu verlieren und bin sauer, dass er so reagiert.
Ist er unsicher, spürt er meine Angst, hat er selbst Angst? Ich wünsche mir einen Rat, da ich nicht mehr weiß, was ich tun und wie ich mich jetzt am besten verhalten kann.
Unsere Beziehung ist allgemein sehr gut, er liebt Menschen und Tiere, ist sehr aufmerksam, will viel lernen, spielen und ist immer gut drauf, sehr verkuschelt und liebevoll. Aber dieses Thema macht mir wirklich Sorgen und verdirbt mir leider mehr und mehr die Lust auf lange Spaziergänge, da ich immer schaue, ob ein anderer unkastrierter Rüde frei herumläuft und dann nicht so richtig weiß, was ich tun kann.
Haben Sie einen Rat für mich, was ich zunächst tun kan?
1 Antwort
Gabriele Holz | Hundetrainer/in
schrieb am 17.12.2014
Hallo Katrin, das war mit Sicherheit eine traumatische Erfahrung - für Sie und Ihren Hund. Ihr Hund war dazu noch sehr jung, als es zu diesem Zwischenfall kam. Ihre Unsicherheit ist daher verständlich, aber leider auch im Moment Ihr Problem. Ich lese aus Ihren Zeilen, dass Sie Hunde schon recht gut lesen können. Sie beschreiben, dass Ihr Rüde ein Imponierverhalten zeigt. Hunde können unsere Stimmungen sehr gut lesen, vor allem riechen. Ich nehme an, dass Sie sich bei Rüdenbegegnungen nun anspannen und nur darauf warten, dass etwas passiert. Ein Imponiergehabe kann man eigentlich immer sehr gut aufbrechen, wenn man selbst zwischen den beiden imponierenden Hunden durchläuft. Atmen Sie einfach tief durch und gehen sie ganz ruhig und gelassen zwischen beiden Rüden durch. Meistens wendet sich dann einer der beiden Rüden ab, bevor die Stimmung kippen kann. Bitte reißen Sie nicht Ihren Hund zurück. Wenn ein Hund in so einer Situation zurückgezogen wird, kann die Situation ebenfalls eskalieren.
Sie haben vollkommen Recht mit Ihrer Befürchtung, dass Ihr Hund Ihre Angst spürt. So wie Sie Ihren Hund beschreiben, war oder ist er ein recht selbstsicheres Kerlchen. Aufgrund Ihrer Unsicherheit glaubt er die Situation lösen zu müssen. Nehmen Sie ihm diese Sorge. Lassen Sie Rüdenbegegnungen zu, wenn Sie sich mit den Besitzer/ der Besitzerin des anderen Rüden verständigt haben und sich die Friedfertigkeit des anderen Rüden bestätigen ließen. Kommt ein unangeleinter Rüde auf Sie und Ihren Hund zugelaufen, wehren Sie den fremden Hund ab, bis Sie mit Herrchen/Frauchen alles geklärt haben. Ist der Hund alleine, schreien Sie ihn an (STOPP). Treten Sie mit aufrechter Gestalt ihm entgegen und üben Sie mit Ihrem Hund, dass er hinter Sie treten soll. Zur Not werfen Sie einen Erdklumpen oder etwas anderes in Richtung des fremden herrenlosen Hundes.
Bei geklärten Begegnungen halten Sie am Anfang die Begegnung kurz, wie gesagt, gehen Sie dann einfach zwischen den beiden Hunden durch und fordern Sie Ihren Hund auf, wieder mitzukommen.
Suchen Sie sich nette, freundliche, souveräne Rüden, die mit der Unsicherheit Ihres Hundes umgehen können und nicht gleich zurück beißen, wenn Ihr Lieblich einmal wirklich knappen sollte. Ich gehe davon aus, dass das Beißen, das Sie beschreiben, keine Verletzung beim anderen hervorruft!? Sollte Ihr Hundchen doch noch einmal knappen, bleiben Sie ruhig und maßregeln Sie ihn, indem Sie ihn kurz in der Bewegungsfreiheit einschränken. Sie können dabei auch Ihr Abbruchsignal (Nein) geben. Wichtig dabei ist, dass Sie versuchen nicht aggressiv zu werden. Bleiben Sie ruhig und gelassen. Je lauter ein Kampf zwischen zwei Hunden ist, desto ungefährlicher ist er im Allgemeinen.
Macht Ihr Hund eine Begegnung gut, loben Sie ihn. Bestätigen Sie ihn, streicheln Sie ihn oder belohnen Sie mit einem Leckerchen, ganz einfach das, was Ihrem Hund am meisten gefällt.
Ich hoffe, dass Sie ganz schnell wieder Gefallen an den gemeinsamen Ausflügen mit Ihrem Hund finden können.
Liebe Grüße
Gabriele Holz
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